Urteil: Lukas D. muss 20 Jahre ins Gefängnis
Der heute 38-jährige Lukas D. ist am Freitag in Bern wegen Mordes an seiner Frau Luiza zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt worden. Der Angeklagte bestritt die Tat vor Gericht.
Die Frau sei psychisch angeschlagen gewesen und habe sich das Leben genommen, sagte der Verteidiger von Lukas D.. Sein Mandant sei von allen Anschuldigungen freizusprechen.
Die Staatsanwaltschaft sah es hingegen als erwiesen an, dass der Angeklagte im Dezember 2022 seine Frau Luiza in der gemeinsamen Wohnung in Kehrsatz BE ein Beruhigungsmittel verabreicht hatte und sie dann im Schlaf erdrosselte. Der Angeklagte müsse wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren verurteilt werden, so die Forderung.
Für das Regionalgericht Bern-Mittelland waren die Indizien, die für eine Täterschaft von Lukas D. sprachen, stark genug. Es ging gar über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus und verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren. Das Urteil kann weitergezogen werden.
Verhandlung wird geschlossen – Urteil soll am Freitag verkündet werden
Zuallerletzt geht das Wort noch einmal an Lukas D.: «Ich bin unschuldig», sagt er. Dann schliesst der Richter die Parteiverhandlungen. Während der nächsten 2 Tage wird das Gericht beraten und voraussichtlich am Freitagnachmittag sein Urteil verkünden.
Die letzten Argumente von Lukas D.s Verteidiger
Nun spricht noch einmal der Verteidiger von Lukas D. Er wiederholt, der Todeszeitpunkt sei wahrscheinlich später gewesen, als von der Staatsanwaltschaft behauptet. Und er kritisiert erneut die Befragungsmethoden der Polizei.
«Ihr steht in der Verantwortung, das Justizopfer Lukas D. zu verhindern», sagt der Verteidiger abschliessend.
Zweifel an Aussagen von Luizas Arbeitskolleginnen
Nun spricht der Anwalt der Opferfamilie. Die Arbeitskolleginnen, die von der Verteidigung zitiert wurden, seien keinesfalls enge Freundinnen von Luiza D. gewesen. Sie würden viel mehr aus dem Umfeld des Beschuldigten stammen. Der Anwalt deutet ins Publikum: «Ihre besten Freundinnen sitzen hier!»
Zudem habe Lukas D. eben diese Arbeitskolleginnen gezielt über seine angeblichen Sorgen um Luiza informiert – in der Hoffnung, sie würden die Suizid-These stützen.
Staatsanwältin beharrt auf Forderung von 18 Jahren Haft
«Mörder sind nicht immer blutrünstige Psychopathen», sagt die Staatsanwältin. «Dass er als warmherzig beschrieben wird, schliesst nicht aus, dass er die Tat begangen hat.»
Die Staatsanwältin schliesst damit ihre Argumentation und beharrt weiterhin auf einer Verurteilung wegen Mordes zu 18 Jahren Haft.
«Muss man einen Beschuldigten mit Samthandschuhen anfassen?»
Auch die Kritik an den Polizisten, die Lukas D. befragt hatten, weist die Staatsanwältin zurück. «Muss ein Beschuldigter heute mit Samthandschuhen angefasst werden?», fragt sie. Ausserdem sei ein Anwalt präsent gewesen.
Dass die Befragung 7 Stunden gedauert habe, sei nicht aussergewöhnlich. «Sie haben gestern bei der Einvernahme selbst gehört, dass Lukas D. keine Frage direkt beantwortet und stets ausweicht», so die Staatsanwältin.
So will die Staatsanwältin die Suizid-These entkräften
Die Staatsanwältin wehrt sich gegen den Vorwurf, man habe nur in eine Richtung ermittelt. «Die These, dass es Suizid sein könnte, stand immer wieder zur Diskussion.»
Zum psychischen Zustand von Luiza D. sagt die Staatsanwältin: «Sie telefonierte jeden Tag mit ihrer Mutter. Klar hat sie einige Sachen für sich behalten. So etwa die Streitigkeiten mit ihrem Mann. Doch Suizidalität ist mehr als das, es ist ein sehr schlechter psychischer Zustand.»
Es scheine daher nicht plausibel, dass keinerlei Anzeichen zur Familie durchgedrungen seien.
Die Aussage «ohne Jesus hätte ich längst aufgegeben» sei in Bezug auf ihre Ehe zu betrachten. Schliesslich habe Luiza D. sie getroffen, als ihr Mann vorübergehend auszog.
Erneut weist die Staatsanwältin darauf hin, dass die Position der Verstorbenen nicht auf Suizid hindeute: Luiza D. lag auf dem Bauch, sorgfältig zugedeckt. Die Haare waren nach oben gelegt, weg vom Nacken.
Das Argument der Verteidigung, man habe Koffein nachweisen können und Luiza D. habe entsprechend am Morgen noch einen Kaffee getrunken, weist sie zurück: «Koffein bleibt bis zu 20 Stunden im System.»
Verhandlung geht weiter
Der Richter nimmt die Verhandlung wieder auf. Nun reagiert die Staatsanwältin auf das Plädoyer.
Plädoyer beendet – Pause
Der Verteidiger hat sein Plädoyer abgeschlossen. Der Prozess wird bis um 11.10 Uhr pausiert.
«Im Gefängnis ist er Everybody's Darling»
Der Verteidiger erzählt, Lukas D. sei der Traum jedes Gefängniswärters. Er sei freundlich, verhalte sich ausgezeichnet. «Wenn ich zu ihm ins Gefängnis gehe, werde ich begrüsst, als wäre ich eine besondere Person», so der Verteidiger. «Er ist dort Everybody's Darling!»
Sein Verhalten – auch hinter Gittern – passe schlicht nicht zu einem kaltblütigen Mörder.
Es ist ein emotionaler Gerichtsprozess, der sich am Montag vor den Augen mehrerer Dutzend Zuschauer abspielt. Verhandelt wird der mutmassliche Mord an Luiza D.* (†29) vom 16. Dezember 2022. Ihr Ehemann Lukas D.* (38) soll sie im Schlaf erdrosselt haben. Laut Staatsanwaltschaft wollte er Luiza D. eliminieren, um mit seiner Geliebten Sonja P.* zusammen zu sein.
«Luiza wollte demnächst schwanger werden»
Elisa A., die Mutter der Verstorbenen, schluchzt, als der Richter sie fragt, wie es ihr geht. Minutenlang findet sie keine Worte. Dann erzählt sie von ihrer Tochter: «Sie war die Sonne in meinem Leben – aufgestellt und lebensfroh. Einen Tag vor ihrem Tod vertraute sie mir an, dass sie nächstes Jahr schwanger werden wollte.»
Ihren Mann Lukas D. habe Luiza geliebt. «Sie sagte, die Ehe sei das Beste, was ihr je passiert sei», erzählt Elisa A.
Laut Anklage soll Lukas D. seiner Frau zunächst das Schlafmittel Dormicum verabreicht und sie um 6.01 Uhr mit einer Schlinge aus drei Kabelbindern erdrosselt haben. Dann sei er zur Arbeit aufgebrochen.
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«Ist es schwer, jemanden zu erwürgen?»
Die Auswertung der GPS-Daten aus Lukas D.s Telefon ergab, dass er das Haus nach dem Tatzeitpunkt verlassen hatte. Ausserdem belasten ihn seine Google-Suchen in den Wochen zuvor. So suchte er etwa «Ist es schwer, jemanden zu erwürgen?» und recherchierte die Wirkungszeit von Dormicum. Der Opferanwalt fasst zusammen: «Er hat den Tatablauf in Voraus gegoogelt.»
Vor Gericht wehrt sich der Beschuldigte: «Ich gehe von einem Suizid aus.» Zu seinen Internetrecherchen sagt er: «Ich arbeite als Rettungssanitäter und muss die Wirkung von Medikamenten kennen.»
Er habe das Haus bereits vor 6 Uhr verlassen. Warum das GPS erst später eingesetzt habe, wisse er nicht. «Ich bin an diesem Tag extra früher los, weil es geschneit hatte und ich mit dem Velo vorsichtig fahren musste», erklärt Lukas D.
Er schaffte es nicht, sich zu trennen
Seiner Frau sei es nicht gut gegangen und er habe sich Sorgen gemacht. Seine Arbeitskollegen sagten später aus, Lukas D. habe an diesem Tag mehrmals erwähnt, er habe Angst, dass seine Frau sich etwas angetan haben könnte. «Er spielte den besorgten Ehemann, um Luiza D. als labile Person darzustellen und einen Suizid als wahrscheinlich darzustellen», argumentiert die Staatsanwältin.
Die Affäre mit seiner Arbeitskollegin Sonja P. sei Lukas D. schon knapp zwei Jahre vor der Tat eingegangen. Er habe sich trennen wollen. «Doch sein Drang, es allen recht zu machen, und der Glaube an Gott standen ihm im Weg», führt die Staatsanwältin aus.
«Meine Frau wusste, dass ich Sex mit einer anderen hatte»
Lukas D. wollte eine «Säule Gottes» sein. Die Scheidung – in seinem Glaubensverständnis eine Schande. «Das hat ihn schliesslich dazu gebracht, diesen fatalen Fehler zu begehen», so die Staatsanwältin.
Auch hier widerspricht Lukas D.: «Meine Frau wusste, dass ich Sex mit einer anderen habe. Ich habe es ihr erzählt.» Er habe sich von beiden Frauen nicht trennen wollen.
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Verurteilung wegen Mordes mit einer Haftstrafe von 18 Jahren. Das Plädoyer der Verteidigung steht noch aus. Lukas D.s Anwalt sagte aber bereits: «Für mich gibt es nur ein mögliches Urteil: den Freispruch.»
* Namen geändert