Martin G.* (49) aus dem Kanton Bern streichelt seinem Pferd Silas über den Kopf. «Wir sind sehr gute Freunde geworden und ich möchte ihn nicht mehr hergeben, aber der Anfang unserer Freundschaft war nicht so leicht», sagt er zu Blick. Das Freiberger Ross ist eines der geretteten Tiere des mutmasslichen Quälbauers Ulrich K.** (54) aus Hefenhofen TG, der sich in diesen Tagen vor der Justiz verantworten muss.
«Vor rund sechs Jahren haben wir Silas bei der Versteigerung in Schönbühl gekauft», erinnert sich der 49-Jährige. «Er war nicht so abgemagert, wie teilweise die anderen Pferde – zum Glück. Einfach Muskeln waren kaum vorhanden.»
So richtig hätte das Paar damals nicht gewusst, worauf es sich mit dem neuen Familienmitglied eingelassen hätte. «Wirklich kennenlernen konnte man die Pferde vor dem Kauf nicht, die sind einfach vorgeführt worden und dann musste man darauf bieten.»
«Er hatte grosse Angst vor der Peitsche»
Er und seine Frau hätten dennoch entschieden, einem der gequälten Pferde ein neues Zuhause zu schenken. «Wir dachten, entweder kriegt es bei uns ein Gnadenbrot oder es wird zum Reitpferd.» Tatsächlich wird Silas mittlerweile geritten, vor allem aber zieht er eine Kutsche.
«Es war ein langer Weg bis dahin», führt der Berner aus und bürstet dabei das geduldig wartende Pferd. «Man hat deutlich gemerkt, dass Silas nicht wusste, wofür der Mensch gut ist und wie der Umgang sein sollte.» Er habe sich etwa Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen gekauft, weil der schwere Freiberger ihm immer auf den Füssen herumgetrampelt sei. «Und er hatte auch grosse Angst vor der Peitsche.»
«Ich vertraue ihm unterdessen fast blind»
Stundenlang sei G. mit dem geretteten «Fribi», wie die Rösseler die Rasse nennen, spazieren gegangen, habe ihn longiert, Bodenarbeit gemacht und ihn betüdelt.
«Und nun ist Silas ein richtiges Muskelpaket und ein sehr verlässliches Pferd geworden», findet sein Besitzer. «Natürlich bleiben ein paar kleine Macken. Beispielsweise hat er bis heute Respekt vor wehenden Fahnen oder Strassenmarkierungen, aber auch diese verschwinden immer mehr. Ich vertraue ihm unterdessen fast blind.»
* Name geändert
** Name der Redaktion bekannt
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