«Ich dachte, das sei das Ende»
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Von einer Lawine verschüttet:«Es war eine Nahtod-Erfahrung»

Bergsteiger Raphael Wellig (56) lag acht Minuten unter einer Lawine
«Ich dachte, das sei das Ende»

Er hatte schon mit dem Leben abgeschlossen: Im Januar 2019 geriet Raphael Wellig (56) aus Bern in eine Lawine. Acht Minuten lang kämpfte er unter einer dicken Schneedecke um sein Leben. Bewusstlos wurde er von seinen Kollegen wie durch ein Wunder gerettet.
Publiziert: 21.05.2021 um 08:18 Uhr
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Aktualisiert: 21.05.2021 um 16:12 Uhr
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Raphael Wellig (56) wurde im Januar 2019 von einer Lawine verschüttet.
Foto: Luisa Ita
Luisa Ita

Wie einbetoniert habe er sich gefühlt. Keinen Zentimeter Bewegungsfreiheit, es sei einfach nur noch dunkel und kalt gewesen. Unter einer über einen Meter dicken Schneedecke lag der erfahrene Bergsteiger Raphael Wellig (56) aus Bern – lebendig begraben von einer Lawine.

«Der Unfall passierte im Januar 2019 auf einer Skitour am Le Grammont auf 2171 Höhe», sagt der Familienvater, der ursprünglich aus dem Wallis stammt, zu Blick. «Bei der Abfahrt habe ich plötzlich gesehen, dass der Schnee wechselt und eine ganz andere Struktur hat. Ich habe dann meinen drei Kollegen gesagt, dass ich umkehre.»

Herumgeschleudert wie in einer Waschmaschine

Doch da war es schon zu spät. «Ich habe noch einen meiner Begleiter rufen hören: ‹Raphael, eine Lawine!›», erinnert er sich an das Unglück. «Dann ist alles unheimlich schnell gegangen und ich habe kurz gedacht: Das ist wohl das Ende.» Etwa 120 Meter weit sei der leidenschaftliche Berggänger, der im Militär einst als Gebirgsspezialist fungierte, von den Schneemassen mitgerissen worden.

«Ich wurde wie ein Spielzeug in einer Waschmaschine herumgeschleudert. Ich überschlug mich Dutzende Male, sah den Himmel und dann wieder den Schnee», schildert Wellig sein Erlebnis. Doch trotz der Extremsituation behielt er einen klaren Kopf. Der gelernte Polymechaniker berichtet: «Ich habe mich nicht gewehrt, als ich erfasst wurde. Mein oberstes Gebot war, dass ich meine Atemwege schütze, damit ich keinen feinen Schneestaub einatme und ich dann Wasser auf der Lunge habe.» Dies könne nämlich tödlich enden.

«Es war eine Nahtod-Erfahrung»

«Irgendwann war ich dann einfach nur noch in einem dunklen Raum. Da habe ich gemerkt, dass ich noch Restsauerstoff habe», so der Schneesportler. «Ich habe dann ganz bewusst versucht, langsam und sparsam zu atmen.» Trotzdem: Wellig fielen auf einmal die Augen zu. «Es war eine Nahtod-Erfahrung.»

Doch er hatte unendlich viel Glück: Seine geschulten Kollegen befreiten den Verunfallten innert acht Minuten aus seinem vermeintlichen Grab und wählten den Notruf. Der Familienvater überlebte wie durch ein Wunder – ein wenig unterkühlt und mit ein paar Prellungen wurde er ins Spital geflogen.

«Das war ein Warnschuss von oben»

«Plötzlich habe ich wieder blauen Himmel gesehen und gemerkt, dass ich lebe. Ich bin aus einer anderen Welt wieder zurückgekommen», sagt der Mann, der im Jahr 2000 in der Sendung «Wetten, dass ..?» neben Thomas Gottschalk gesessen und seine Wette gewonnen hat, dass er anhand winziger Bildausschnitte sämtliche 62 Alpen-Viertausender sowie die 22 Nebengipfel von allen Seiten und Perspektiven erkennt. Bis heute ist der damalige Wettkönig seinen Lebensrettern unendlich dankbar.

Trotz des einschneidenden Erlebnisses hat der Skitourengänger sein Hobby nicht aufgegeben. Nach wie vor verbringt er etwa 80 Tage pro Jahr in den Bergen. Der Unfall habe ihn aber schon geprägt: «Ich habe wieder mehr Respekt vor der Natur, die wird immer stärker bleiben als wir. Das war ein Warnschuss von oben. Aber meine Leidenschaft ist zu stark, um sie aufzugeben.»

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