Behörden schauten weg
Berner bezieht Sozialhilfe – und fährt Porsche

Trotz Steuerschulden lebte ein Mann im Kanton Bern jahrelang auf ganz grossem Fuss. Die Behörden wussten davon – und machten nichts.
Publiziert: 02.10.2023 um 17:12 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2023 um 18:51 Uhr
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Der Mann war unter anderem mit einem Porsche 911 unterwegs. (Symbolbild)

Millionen-Schulden, Sozialhilfe-Bezüger – und Porsche-Fahrer. Im Kanton Bern steht ein Mann (75) vor Gericht, der jahrelang die Behörden des Kantons genarrt haben soll.

Wie die «Berner Zeitung» berichtet, führte der Mann in der Stadt Bern ein Personalvermittlungsbüro. Steuern zahlte er selten oder gar nicht. Insgesamt 42 Pfändungen seien bei dem Mann zwischen 1994 und 2011 durchgeführt worden – alle erfolglos. Als der Mann 2012 in Pension ging, hatte er Steuerschulden von 8,72 Millionen Franken. 

Nach mehreren Anläufen einigte sich der Mann im Jahr 2015 auf einen Deal mit der Steuerverwaltung. Für 25'000 Franken wolle er seine Steuerschulden in Millionenhöhe tilgen. Die Steuerverwaltung stimmte zu – auch auf Basis von Aussagen des Mannes, dass er nur von rund 3200 Franken im Monat lebe. 

Porsche und Golfferien

Daraufhin legte die Finanzdirektion der Stadt ihr Veto ein. Diese wurde vor dem Deal nicht konsultiert, ein formeller Fehler. Weil der Mann den geplatzten Deal nicht hinnehmen wollte, legte er Beschwerde ein – was sich später als Fehler herausstellen sollte. 

Bei der Untersuchung durch die Justiz stellte sich heraus: Der Mann lebte nicht etwa am Existenzminimum, sondern schwelgte im Luxus. Er fuhr einen Porsche 911, einen Porsche Cayenne Turbo und einen VW Golf. Teure Golfferien gehörten genauso dazu wie luxuriöser Schmuck. Den Aufwand verbuchte er jeweils über seine Firma. 

Im März 2019 entschied das Verwaltungsgericht, dass der Mann die Behörden «getäuscht» habe. Die Ergänzungsleitungen, die der Mann bezogen hatte, wurden ihm gestrichen. Knapp ein Jahr später gelangte der Mann an den Sozialdienst und beantragte erneut Unterstützungsleistungen – und erhielt sie. 

Tatbestände vor Verjährung

Erst als die Behörden erneut hinschauten, wurden die Zahlungen im April 2022 eingestellt. Im August 2022, rund drei Jahre nach dem ersten Urteil, führte die Polizei eine Hausdurchsuchung durch und beschlagnahmte zahlreiche Luxusgüter. Gegen die Lebenspartnerin, auf deren Firma die Autos überschrieben wurden, wurde ebenfalls ein Strafverfahren eröffnet. 

Unklar bleibt, so die «Berner Zeitung», ob es nach den Ermittlungen zu einer Anklage kommt. Zahlreiche Tatbestände seien schon verjährt oder würden bald verjähren, heisst es in dem Bericht. 

Die Behörden geben auf Anfrage der Zeitung keine konkrete Auskunft zu dem Fall. Auch der Anwalt des Unternehmers will «aufgrund der laufenden Ermittlungen zurzeit noch keine Stellung zum Verfahren nehmen». 

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