«Alle Blutgruppen werden gesucht»
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Vorräte sind auf Tiefstand:«Alle Blutgruppen werden gesucht»

Bedarf nach Spenderblut steigt, Bereitschaft zum Spenden sinkt
Die Schweiz blutet aus

Blutspenden retten Leben: Sei es etwa bei Krebspatienten oder nach einem Autounfall. Anlässlich des Weltblutspendetags hat Blick Yannic Bichsel (27) getroffen, der wöchentlich ein aus Spenderblut hergestelltes Medikament benötigt. Doch das Blut wird immer knapper.
Publiziert: 14.06.2023 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2023 um 14:19 Uhr
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Yannic Bichsel (27) in Münchenbuchsee BE ist auf Blutspenden angewiesen.
Foto: Luisa Ita
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Luisa ItaRedaktorin «Food»

Blut ist ein kostbares Gut, und Spenderblut kann Leben retten. Darauf soll mit dem Weltblutspendetag aufmerksam gemacht werden, der am Mittwoch auch in der Schweiz stattfindet. «Wir können Blut nicht lange lagern. Rote Blutkörperchen sind 42 Tage und Blutplättchen sogar nur 7 Tage haltbar, einzig das Plasma lässt sich bis zu 24 Monate gefroren aufbewahren», erklärt Adrian Fluri (46), der Kommunikationschef der Interregionalen Blutspende SRK. «Gerade während der Sommerferien wird Blut daher häufig knapp.»

«Ich brauche 1000 Blutspenden für mein Medikament»
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Yannic hat seltene Krankheit:«Ich brauche 1000 Blutspenden für mein Medikament»

Aktuell habe man im Schnitt genügend Blutreserven. «Jedoch braucht es heutzutage deutlich mehr Effort, um die Menschen zum Blutspenden zu motivieren», sagt der Kommunikation-Verantwortliche weiter. «Gerade junge Menschen dafür zu gewinnen, ist schwierig.» Er fügt lachend hinzu: «Es dauert ja auch gar nicht lange. Nach etwa 45 Minuten im Blutspendezentrum ist man fertig und hat mit kleinem Aufwand Menschenleben gerettet.»

Herausforderung Baby-Boomer

Langfristig gesehen blutet die Schweiz jedoch langsam aus. «Es kommen herausfordernde Zeiten auf uns zu», so Fluri. Der Grund: Die Babyboomer-Generation. Diese umfasst alle Menschen, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurden und trägt diesen Namen, weil in dieser Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg besonders viele Babys geboren wurden.

«Das Problem ist, dass diese Menschen nun langsam in ein Alter kommen, wo Krebserkrankungen häufiger werden», führt Fluri aus. «Und Krebs-Patienten machen die grösste Gruppe der Blutempfänger aus. Sprich: Wir werden bald mehr Blut brauchen. Die Generation, die jetzt nachkommt und unter 30 Jahre alt ist, ist jedoch deutlich kleiner.»

Das musst du über das Blutspenden wissen

Blutspenden ist in der Schweiz freiwillig. Da jedoch vier von fünf Menschen einmal in ihrem Leben Blut oder Medikamente benötigen und Blut noch nicht künstlich erzeugt werden kann, ist Blutspenden ein wichtiger Dienst an der Gesellschaft. Bloss 2,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung spenden laut dem Schweizerischen Roten Kreuz SRK jedoch regelmässig Blut.

Bei einer Vollblutspende werden innert etwa zehn Minuten 450 Milliliter entnommen. Menschen mit der seltenen Blutgruppe null negativ sind besonders gefragt, da dieses Blut allen Patienten verabreicht werden kann – jedoch ist auch jede andere Blutgruppe gefragt.

Spenden können gesunde Personen ab 18 Jahren, die mindestens 50 Kilogramm wiegen. Nach gewissen Ereignissen darf man aus Sicherheitsgründen für eine bestimmte Zeitspanne kein Blut spenden. Beispielsweise nach einem Zeckenbiss gilt eine Wartefrist von vier Wochen, nach einem Zahnarztbesuch eine zweiwöchige Wartefrist. Nach einer Magenspiegelung muss man vier Monate warten, bis man wieder Blut spenden darf – bei grösseren Operationen sogar bis zu einem Jahr.

Die Interregionale Blutspende SRK betreibt sieben Blutspendezentren in Bern, Biel, Burgdorf, Epalinges, Langenthal, Thun, Lausanne und Sitten. Ausserdem gibt es immer wieder ausserordentliche Blutspendeaktionen, die an unterschiedlichsten Standorten stattfinden. Mit mehr als 90'000 Spenden beschafft die Non-Profit-Organisation übrigens jährlich ein Drittel des nationalen Bedarfs.

Eine Aufnahme aus dem Blutspendezentrum in Biel BE.
Luisa Ita

Blutspenden ist in der Schweiz freiwillig. Da jedoch vier von fünf Menschen einmal in ihrem Leben Blut oder Medikamente benötigen und Blut noch nicht künstlich erzeugt werden kann, ist Blutspenden ein wichtiger Dienst an der Gesellschaft. Bloss 2,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung spenden laut dem Schweizerischen Roten Kreuz SRK jedoch regelmässig Blut.

Bei einer Vollblutspende werden innert etwa zehn Minuten 450 Milliliter entnommen. Menschen mit der seltenen Blutgruppe null negativ sind besonders gefragt, da dieses Blut allen Patienten verabreicht werden kann – jedoch ist auch jede andere Blutgruppe gefragt.

Spenden können gesunde Personen ab 18 Jahren, die mindestens 50 Kilogramm wiegen. Nach gewissen Ereignissen darf man aus Sicherheitsgründen für eine bestimmte Zeitspanne kein Blut spenden. Beispielsweise nach einem Zeckenbiss gilt eine Wartefrist von vier Wochen, nach einem Zahnarztbesuch eine zweiwöchige Wartefrist. Nach einer Magenspiegelung muss man vier Monate warten, bis man wieder Blut spenden darf – bei grösseren Operationen sogar bis zu einem Jahr.

Die Interregionale Blutspende SRK betreibt sieben Blutspendezentren in Bern, Biel, Burgdorf, Epalinges, Langenthal, Thun, Lausanne und Sitten. Ausserdem gibt es immer wieder ausserordentliche Blutspendeaktionen, die an unterschiedlichsten Standorten stattfinden. Mit mehr als 90'000 Spenden beschafft die Non-Profit-Organisation übrigens jährlich ein Drittel des nationalen Bedarfs.

Einer, der um jeden Tropfen Spenderblut dankbar ist, ist Yannic Bichsel (27). Mit kurzer Jogging-Hose sitzt er in Münchenbuchsee BE auf seinem Sofa und kramt in einer Box. Er holt zwei Fläschchen mit durchsichtigen Flüssigkeiten raus und stellt sie auf den Tisch. Er erklärt: «Das ist ein Medikament, das aus Blutspenden hergestellt wird. Dieses muss ich mir wöchentlich über eine Infusion verabreichen.»

Die Diagnose liess auf sich warten

Der Berner hofft, dass er mit seiner Geschichte den einen oder anderen dazu motivieren kann, auch Blut zu spenden: «Dank Blutspenden können Menschen wie ich ein normales Leben führen.» Er entwirrt einen dünnen, transparenten Schlauch. Daran sind zwei feine Nadeln befestigt. Mit etwas Anlauf sticht er sich geübt die erste Nadel in die Innenseite des einen Oberschenkels, dann folgt die zweite Nadel in den anderen Oberschenkel. «So, das war's. Nun muss ich zwei Stunden warten, bis das Fläschchen leer ist.»

Schon seit seiner Kindheit leidet der Marketingmanager an einer Autoimmunerkrankung, die so selten ist, dass sie keinen Namen hat. «Je nachdem, welcher Blutanteil mir gerade gefehlt hat, hatte ich andere Symptome», erklärt er. «Wenn Blutplättchen gefehlt haben, habe ich sehr stark geblutet, wenn ich mich verletzt habe.» Manchmal habe er kaum Treppensteigen können, ohne sofort ausser Atem zu geraten. Einmal habe er aufgrund eines Infektes etwa zwei Monate im Bett verbringen müssen.

«Ein anderes Mal an einem Kindergeburtstag hatte ich drei oder vier Stunden lang Nasenbluten», erinnert er sich. «Da war schnell klar, dass irgendetwas nicht stimmt, und meine Eltern sind mit mir in den Notfall gefahren.» Nach und nach habe man alle anderen Krankheiten ausgeschlossen, bis schliesslich die Diagnose klar gewesen sei: «Aber das hat eine ganze Weile gedauert.»

Riesige Dankbarkeit

Symptome hat Yannic Bichsel trotz der Behandlung mit dem Blut-Medikament zwar immer noch, doch diese seien weniger ausgeprägt: «Ich habe regelmässig Fieber, manchmal ein oder zweimal pro Woche.» Er könne aber dank des aufwendig aus Blut gewonnenen Medikamentes ohne Einschränkungen berufstätig sein und das Leben geniessen, nur bei der Ferienplanung müsse er etwas Acht geben, weil die Blutspenden immer gekühlt werden müssen.

Jedem einzelnen, der sich für eine Blutspende entscheide, sei Yannic Bichsel dankbar: «Am liebsten würde ich mich revanchieren und selbst auch Blut spenden, aber das geht leider nicht.»

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