Auch Glarner ist dabei
«Mass-Voll» will mit Demo in Bern den Krieg beenden

Die Corona-Skeptiker von «Mass-Voll» werden am Samstag in Bern für Frieden in der Ukraine demonstrieren. Sie fordern einen sofortigen Waffenstillstand. Wie genau dieser umgesetzt werden soll, ist allerdings unklar.
Publiziert: 10.03.2023 um 19:28 Uhr
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Die Massnahmenkritiker von «Mass-Voll» wollen am Samstag in Bern demonstrieren.
Foto: keystone-sda.ch

Nach den Corona-Massnahmen hat «Mass-Voll» mit dem Krieg in der Ukraine ein neues Thema entdeckt. Die Bewegung ruft für Samstag zu einer «Friedensdemo» auf dem Bundesplatz in Bern auf. Ihre Forderung: «Friedensgespräche statt Waffenlieferungen». Auf Telegram heisst es zudem in einem Post: «Nicht gegen die Ukraine, nicht gegen Russland, nicht rechts, nicht links: Wir demonstrieren für die Menschheit und damit für Frieden zwischen allen Völkern.»

Aber wie genau der Krieg beendet werden soll, bleibt unklar. Auch auf Nachfrage. Am Samstag versammle sich eine «historisch breite Allianz für den Frieden, für Deeskalation und Waffenstillstand», sagt «Mass-Voll»-Präsident Nicolas Rimoldi (26) zu Blick. «Mass-Voll» sei ein gesamtgesellschaftlicher Schulterschluss gelungen.

«Müssen verhindern, dass die Schweiz tiefer hineingezogen wird»

Rimoldi betont, dass die Schweiz neutral bleiben und «alle Nationen gleich behandeln» müsse. Geht es nach ihm, soll die Schweiz als Vermittlerin auftreten und so zu einem Waffenstillstand beitragen. Der FDP und SP wirft er Kriegstreiberei vor. Diese gefährde «die Sicherheit des Schweizer Volkes».

Der «Mass-Voll»-Präsident sagt weiter: «Wir müssen nun mit allen Mitteln verhindern, dass die Schweiz tiefer in diesen fürchterlichen Krieg hineingezogen wird und gar am Ende selbst Soldaten schickt.» Nur ein sofortiger Waffenstillstand könne das Morden stoppen und weiteres Leid verhindern. Rimoldi habe keinerlei Verständnis für Waffenlieferungen und verurteile diese scharf.

SP-Nordmann: «Keine Kriegstreiberei»

FDP und SP versuchten diese Woche mit einem Kompromiss, die Weitergabe von Schweizer Waffen an die Ukraine durch Drittstaaten zu ermöglichen. Das Vorhaben scheiterte. SP-Fraktionschef Roger Nordmann (49) wehrt sich auf Anfrage von Blick gegen Rimoldis Vorwürfe: «Das ist keine Kriegstreiberei», sagt SP-Fraktionschef Roger Nordmann (49). «Wir wollen nicht, dass die Schweiz direkt Waffen liefert, sondern nur andere Länder nicht daran hindern, Waffen weiterzugeben.» Alle Länder hätten ein Anrecht auf territoriale Unversehrtheit. «Was der russische Präsident Wladimir Putin macht, ist ein Bruch der Uno-Charta», so Nordmann. «Wenn Putin belohnt wird für seinen völkerrechtswidrigen Angriff, werden auch andere Diktatoren Angriffe starten.»

Nordmann kritisiert die Organisatoren der Demonstration. «Mass-Voll verbreitet ungeprüft Putins Propaganda.» Verwundert ist der SP-Nationalrat darüber nicht. «Es ist eine laufende Protestbewegung. Sie müssen ständig neue Themen suchen, damit sie nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.»

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Die Polizei hat Kenntnis von der geplanten Demonstration. Man werde mit einem «sichtbaren Sicherheitsdispositiv» vor Ort sein und die Lage laufend beobachten, erklärt eine Sprecherin der Kantonspolizei Bern auf Anfrage von Blick.

Freiheitstrychler gingen für Putin auf die Strasse

Auch Nationalrat Andreas Glarner (60) von der SVP wird am Samstag vor Ort sein. Auf Twitter macht er für die Demo Werbung und schreibt dazu: «Verhandlungen statt Panzer, Diplomatie statt Sanktionen, Frieden statt Kriegstreiberei.»

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Laut Glarner braucht es Verhandlungen an einem neutralen Ort. «Die Schweiz hat das verspielt. Länder wie die Türkei, Österreich oder Monaco wären noch möglich», sagt der SVP-Nationalrat zu Blick. Angst, dass sich die Ukraine einem «Diktatfrieden» Russlands unterwerfen müsste, hat er nicht. «Verhandeln heisst, das Beste für sich herauszuholen. Auch die Ukraine wird Zugeständnisse machen müssen, aber sie kann auch profitieren.»

Alle würden sich Frieden wünschen, sagt Glarner weiter. «Wenn die Ukraine nach dem Krieg schnell wieder aufgebaut werden kann, wird es zu einem blühenden Land und kann eine wichtige Rolle zwischen Russland und dem Westen spielen.» Die Alternative für Europa wäre laut Glarner, weiter zuzuwarten und weitere Waffen zu liefern, bis man selbst keine mehr habe. «Das erscheint mir nicht richtig.»

Im vergangenen Monat hatte mit den Freiheitstrychlern bereits eine andere Massnahmengegner-Bewegung für den Frieden demonstriert. Die Corona-Skeptiker tauchten bei der Sicherheitskonferenz in München auf und machten mit ihren Schellen Lärm. An ihren traditionellen Sennenkutten trugen sie einen Extra-Pin mit der Botschaft «Ich bin nicht im Krieg mit Russland». Auf Twitter erntete die Aktion viel Kritik und Spott.

«Manifest für den Frieden» veröffentlicht

Die «Mass-Voll»-Position überschneidet sich mit den Forderungen, mit denen die Politikerin Sahra Wagenknecht (53) und die Publizistin Alice Schwarzer (80) in Deutschland mächtig für Wirbel sorgten. Rimoldi betont allerdings, dass «Mass-Voll» sich nicht an Forderungen aus dem Ausland orientiere. Die «Friedensarbeit» der Bewegung diene der Schweiz.

Wagenknecht und Schwarzer hatten im Februar ein «Manifest für den Frieden» veröffentlicht. Sie fordern eine Drosselung der Waffenlieferungen an die Ukraine, warnen vor einer Eskalation und fordern Kompromisse «auf beiden Seiten». Die Ukraine könne gegen die grösste Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen, heisst es im Manifest weiter. Ihre Petition auf der Webseite change.org sammelte mehr als 600'000 Unterschriften.

Die beiden Deutschen riefen Ende Februar zu einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin auf. Laut Polizei nahmen mehr als 13'000 Teilnehmer daran teil. Kritiker werfen den Frauen vor, mit ihren Ideen dem Kreml in die Hände zu spielen. Ihre Vorschläge würden dafür sorgen, dass die Ukraine Teil des russischen Imperiums wird.

«Das wäre ein sehr positives erstes Zeichen»

Sollten Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine aufgenommen werden, würde dies heissen, dass beide Seiten zumindest an einem Auskundschaften des Verhandlungsspielraums interessiert wären. «Das wäre ein sehr positives erstes Zeichen», sagte der Friedensforscher Laurent Goetschel (57) kürzlich zu Blick.

Aber: Zurzeit sieht es nicht danach aus, dass beide Seiten an Verhandlungen interessiert wären. Russlands Präsident Wladimir Putin (70) hat sein Ziel, die Ukraine zu erobern, noch nicht erreicht. Kiew lehnt Verhandlungen ab, solange sich russische Truppen auf ukrainischem Boden befinden.

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