–42,3 Grad im Kanton Bern
Darum ist das trotzdem kein neuer Kälterekord

In der Nacht auf Freitag sind die Temperaturen vielerorts in den zweistelligen Minusbereich gerutscht. Auf den ersten Blick wurde sogar der Schweizer Kälterekord gebrochen. Warum das nicht der Fall ist, erklärt ein Meteorologe.
Publiziert: 20.01.2023 um 14:34 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2023 um 15:09 Uhr
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Der bisherige Kälterekord für die Schweiz beträgt –41,8 Grad. Er wurde 1987 in La Brévine NE (Bild) registriert.
Foto: Keystone
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Georg NopperRedaktor News

Die vergangene Nacht war ausserordentlich kalt. Temperaturen im zweistelligen Minusbereich waren keine Seltenheit. An gewissen Wetterstationen entlang der Voralpen war es die bisher kälteste Nacht des Winters. In Thun BE zum Beispiel wurden –17 Grad gemessen. Noch tiefer sank das Thermometer an einer privaten Messstation am Sägistalsee auf 2000 Metern oberhalb von Iseltwald BE am Brienzersee: Der Tiefstwert war dort –42,3 Grad!

Der bisherige Kälterekord für die Schweiz beträgt -41,8 Grad. Diese Temperatur wurde 1987 in La Brévine NE aufgezeichnet. Hat die Schweiz nun also einen neuen Tiefstwert? Wurde der Kälterekord etwa jetzt geknackt?

Nein, stellt Klaus Marquardt (48) vom Wetterdienst Meteo News klar. «Die –42,3 Grad von vergangener Nacht werden nicht als neuer Kälterekord anerkannt», sagt der Meteorologe zu Blick. Der Grund dafür ist, dass der Wert nicht von einer offiziellen, sondern von einer privaten Messstation aufgezeichnet wurde.

Unterschiedliche Anforderungen

«Die Bedingungen sind nicht die gleichen», erklärt Marquardt weiter. «Für offizielle Messstationen gelten strenge Vorgaben. So muss etwa der Messpunkt zwei Meter über dem Boden liegen.» Die offiziellen Messstationen werden dem Meteorologen zufolge betreut, um die erforderlichen Bedingungen kontinuierlich zu gewährleisten. Bei privaten Anlagen sei dies unter Umständen nicht der Fall.

Dies führt zum Beispiel dazu, dass die Voraussetzungen für eine offiziell anerkannte Messung nicht mehr gegeben sind, wenn es geschneit hat. «Dann ist der Abstand vom Boden zum Messpunkt nicht mehr wie vorgeschrieben zwei Meter», erklärt der Wetter-Experte. Und genau das könne eben die Temperaturmessung beeinflussen.

«Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen»

Das bedeutet laut dem Meteorologen nicht, dass nicht-offizielle Messungen wertlos sind. «Aber wir können nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.» Es sei daher nicht zulässig, Parallelen zwischen dem Temperatur-Rekord von La Brévine und dem in der Nacht auf Freitag am Sägistalsee gemessenen Wert zu ziehen.

Sowohl La Brévine als auch der Sägistalsee liegen in einer Vertiefung. Diese Art der Topografie kann dazu führen, dass sich bei klarem und windstillem Wetter sogenannte Kaltluftseen bilden. Dort herrschen besonders tiefe Temperaturen. Die Station am Sägistalsee wird vom Betreiber der Internetseite «kaltluftseen.ch» unterhalten. Er wollte seine Messungen auf Anfrage von Blick nicht kommentieren.

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