Eigentlich wollte Paul Johner (68) aus Thun BE nur sein Dach sanieren. Nun muss er vors Bundesgericht. Dabei fing die Sache ganz unscheinbar an. Wie die «Berner Zeitung» zuerst berichtete, beauftragte der Pensionär 2017 eine Firma. Die Handwerker rückten an und die Arbeit sollte beginnen. Um einen Zugang zur Baustelle zu bekommen und den dafür benötigten Schräglift zu installieren, musste ein Teil der Gartenmauern weg.
«Nach der Dachsanierung habe ich die freie Fläche als Parkplatz genutzt, unter anderem für meinen Camper», sag Johner zu Blick. So weit, so gut.
Doch dann gerät der Berner ins Visier der Behörden. Denn: Der Mini-Abbruch der Gartenmauer war illegal. Die Abbruchbewilligung hatte er nicht abgewartet. Ein Fehler, wie Johner weiss. «Das Dach musste dringend saniert werden. Da wollte ich nicht ewig auf eine Bewilligung warten.»
Ein baupolizeiliches Verfahren wird eröffnet. Gleichzeitig wird gegen Johner ermittelt, weil er die Fläche illegal als Parkplatz genutzt haben soll. Johner zu Blick: «Diesen Vorwurf lasse ich nicht gelten. Der Platz wurde nämlich nachträglich bewilligt. Was ist also das Problem?»
Denkmalschutzstatus des Hauses wurde geändert
Als Abgrenzung und Sichtschutz zu seiner Liegenschaft kam statt einer neuen Mauer eine Eibenhecke hin. Johner zu Blick: «Die ist doch viel umweltfreundlicher und eine schöne grüne Alternative zur Betonmauer.» Nur: Jetzt soll er die Hecke wieder abreissen. Und stattdessen die Mauer samt Zaun wieder hochziehen. Und zwar genau so, wie sie vorher stand. Der Grund für diesen Irrsinn: Denkmalschutz.
Das Haus von 1920 war in der Zwischenzeit vom Status «erhaltenswert» neu auf «schützenswert» hochgestuft worden. Sehr zum Erstaunen von Johner: «Während eines Baubewilligungsverfahrens ein Haus neu einstufen, das ist illegal. In derselben Strasse wurden fünf Häuser mit dem Status ‹erhaltenswert› nach einem Beschluss des Grossen Rates des Kantons Bern aus dem Inventar gestrichen.» Warum gerade sein Haus hochgestuft wurde, ist für den Pensionär ein Rätsel. «Eine Erklärung habe ich dafür bis heute nicht bekommen.» Seine Vermutung: «Jemand ist wohl neidisch und will mir eins auswischen!»
Wird Johner also bewusst schikaniert? Die kantonale Denkmalpflege weist diesen Vorwurf entschieden zurück. Aus einer mittlerweile 46-seitigen Dokumentation geht hervor: «Wir stellen fest, dass sich aus den Unterlagen keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die den Anschein einer Befangenheit des Bauberaters erwecken liessen.» Weiter schreibt der stellvertretende Amtsvorsteher vom Berner Amt für Kultur, Adriano Boschetti: «Nichts deutet auf eine nicht hinreichende Unabhängigkeit Ihnen gegenüber hin.»
Er hätte die Sache gerne mit Kaffee und Gipfeli geklärt
Aber was hat die Hecke mit dem Haus zu tun? Laut kantonaler Denkmalpflege steht die neue Einstufung der Liegenschaft nicht in direktem Zusammenhang mit dem neuen Parkplatz. Das sei ein baupolizeiliches Thema. Die Änderung der Einstufung von ehemals «erhaltenswert» auf neu «schützenswert» sei anlässlich der Revision des kantonalen Bauinventars der Gemeinde Thun passiert, wie Barbara Frutiger von der kantonalen Denkmalpflege auf Anfrage von Blick erklärt.
«Die Anpassung passierte unter Berücksichtigung der im kantonalen Quervergleich hohen Qualität des Gebäudes und seiner näheren und weiteren Umgebung.» Eine neue Fassung sei über mehrere Jahre hinweg erarbeitet worden und wurde just im Juni 2018 rechtskräftig – also fast zum gleichen Zeitpunkt wie die Begehung beim Haus Johners. Ein Zufall also.
Das heisst: Der Pensionär muss per Gesetz die Mauer wieder aufbauen. Nur: Das will er nicht. 2020 wurde er schliesslich vom Amt für Kultur angewiesen, die Mitarbeiter nicht mehr mit «Eingaben, die wenig sachbezogen seien», zu belästigen. Johner zu Blick: «Gerne hätte ich die Sache mit Kaffee und Gipfeli mit dem stellvertretenden Amtsvorsteher Boschetti besprochen, aber diese Bitte wurde ignoriert.»
Kosten für Mauerbau von bis zu 30'000 Franken
Und so landete der Fall im November 2021 vor dem Verwaltungsgericht. Auch dort wurde entschieden: Die Hecke muss weg und die Mauer wieder hin. Dazu wurde eine Frist gesetzt: der 31. März. Johner hat das Urteil weitergezogen. Nun gehts wegen der Mauer bis vors Bundesgericht. Doch das kann dauern. Wann der Fall verhandelt wird, ist unklar. Das Verwaltungsgericht brauchte für den Entscheid ein Jahr.
Sollte sich auch das Bundesgericht für die Mauer entscheiden, wird es für Johner teuer. «Eingeholte Offerten für das Teilstück von etwa 14 Metern für eine neue Betonmauer mit Plastiklatten belaufen sich auf bis zu 30'000 Franken.» Dass er das bezahlen soll, sieht er nicht ein. Gegen diesen «Behörden-Irrsinn» werde er sich bis zum Schluss wehren. Johner: «Die haben doch nicht mehr alle Latten am Zaun.»