Das Geschäft mit den Corona-Tests ist hart umkämpft. An vorderster Front mischelt die Zuger Firma Safetest AG mit. Sie betreibt gemäss dem Portal OneDoc 37 Corona-Testzentren in der Deutschschweiz.
Bloss: In der vergangenen Wochen sind Testzentren der Zuger Firma gleich reihenweise geschlossen worden ‒ wegen fehlender Bewilligungen und Konzepte. Und wegen Qualitätsmängel!
In mehreren Kantonen Testcenter geschlossen
In Stans intervenierte die Gesundheitsdirektion des Kantons Nidwalden und schloss das Testcenter der Safetest AG am 15. Dezember 2021. Der Grund: «erhebliche Qualitätsmängel». Und zwar sowohl bei den Test- und Zertifikatsabläufen wie auch bei den Hygienemassnahmen. Brisant: Resultate wurden manchmal verspätet geliefert, manchmal verwechselt oder an die falschen Personen geschickt. Laut Gesundheitsdirektion sei die Firma der Aufforderung nicht nachgekommen, die Mängel im besagten Fall zu beheben, heisst es auf Anfrage von Blick – trotz Zustellung des Inspektionsberichtes und einer zusätzlich gewährten kurzen Frist.
Kurz vor dem Jahreswechsel liess auch der Kanton Solothurn ein Testzentrum der Safetest AG schliessen. Der Kanton sagt Blick, es habe Beschwerden hinsichtlich der Abstrichentnahme gegeben: «Aufgrund ungenügender fachlicher Aufsicht konnte die Qualität der Abstrichtechnik aus Sicht des Kantons nicht sichergestellt werden.» Auch hier hätten die Verantwortlichen des Testzentrums nicht aufzeigen können, wie sie die Qualität künftig sicherstellen wollen, heisst es weiter.
In Olten wurde ein Testcenter der Safetest AG ohne Bewilligung des Kantons betrieben. Der Kanton Solothurn schritt auch hier ein und hat es nach wenigen Tagen schliessen lassen – mit der Information an die Betreiber, dass ein Bewilligungsgesuch eingereicht werden müsse. Die Safetest AG hat laut Kanton kein Gesuch eingereicht.
«Es sind Fehler passiert»
In Reinach hat das Baselbieter Amt für Gesundheit im Januar ein privates Testzentrum der Safetest AG geschlossen. Die Gründe auch hier: keine Bewilligung, kein geprüftes Konzept. In der Stadt Basel musste ein Standort der Firma schliessen, der sich bei einem Schlüsselservice eingemietet hatte. Warum es hier zur Schliessung kam, will der Kanton Basel-Stadt Blick nicht konkret sagen.
Die Safetest AG selbst sagt Blick: «Es stimmt, dass wir, um die Nachfrage zu decken, sehr schnell gewachsen sind. Und dass dadurch auch Fehler passiert sind, wie übrigens in den Spitälern und den Apotheken auch. Aber wir haben aus jedem Fehler gelernt.» Die Herausforderung: Die Firma habe ein schweizweites Konzept. Weil die Regeln in jedem Kanton anders seien, mache das die Arbeit nicht leichter.
Promi-Figaro ist Chef der Firma
Die Safetest AG gilt als eine der grössten Anbieterinnen von Corona-Tests in der Schweiz. Gegründet wurde das Unternehmen gemäss Eintrag im Handelsregister am 7. Januar 2021. Der Verwaltungsrat setzt sich zusammen aus einem 55-jährigen Zürcher Anwalt, der das Aktienkapital von 100'000 Franken hinterlegte, einem 37-jährigen Zürcher Immobilienunternehmer und Ludovik Tunaj (39). Er fungiert als Chef der Firma und ist in der Öffentlichkeit auch bekannt als Promi-Figaro Ludo Lee aus dem Kanton Aargau.
Er schneidet die Haare der Schönen und Reichen – in den sozialen Medien zeigt er sein Leben. Er teilt Bilder von sich mit Kim Kardashian, Jessica Alba oder Heidi Klum. Oder auch Kanye West oder Katy Perry.
Tunaj stellte auch Videos auf Instagram, die die Weihnachtsfeier der Safetest AG zeigen: Ein Saxofonist, der in einer aufwendig geschmückten Location in Zürich Live-Musik spielt und Leute in Abendkleidern und Anzügen, die dazu tanzen. Zur Party schreibt er: «We think big, we get big», man denke gross und werde gross.
Tests doppelt in Rechnung gestellt
Doch offenbar ist das so eine Sache mit der Grösse – zumindest in finanzieller Hinsicht. Die Zeitschrift «Beobachter» hat kürzlich berichtet, dass die Safetest AG dem Bund Tausende Corona-Tests in Rechnung gestellt hat, die ihre Kunden bereits vor Ort bezahlt haben.
Denn von Oktober bis Mitte Dezember mussten alle Personen, die keine Krankheitssymptome und keinen Kontakt zu positiv getesteten Personen hatte, ihre Corona-Tests selbst berappen. Besonders brisant: Die Safetest AG verrechnete gemäss «Beobachter»-Recherchen diese Covid-Tests via Krankenkassen dem Bund zusätzlich. Die Helsana spricht im Bericht gar von einem sechsstelligen Betrag. Bei anderen Krankenkassen laufen diesbezüglich nun Abklärungen, heisst es.
«Wir haben den Fehler in unserem System selber gefunden und sind damit auf die Krankenkassen zugegangen. Und wir sind selbstverständlich längst daran, den Betrag zurückzahlen», heisst es bei der Safetest AG auf Anfrage von Blick. Tatsächlich zeigen Rückforderungen von diversen Krankenkassen, dass teilweise über 50'000 Franken geschuldet sind.
Kompliziertes Abrechnungsprozedere
Auch der Star-Coiffeur nimmt Stellung gegenüber Blick: Es stimme nicht, dass man sich mit den Tests eine goldene Nase verdiene, sagt Tunaj. Zwar sei die Nachfrage enorm, aber auch der Aufwand mit vielen Fixkosten bei Mieten, Logistik, Löhnen. Und: «Man darf auch nicht vergessen, dass wir mit der weit über einer halben Million gemachten Test auch einen wichtigen Dienst an der Gesellschaft leisten und dank uns Tausende Corona-Fälle gefunden werden konnten.»
Das Problem dabei: Krankenkassen können allfällige Missbräuche nur schwer erkennen, wie der «Beobachter» weiter schreibt. Die Safetest AG sagt: «Dass uns nun indirekt ‹Missbrauch› oder sogar Bereicherungsabsicht unterstellt werden, ist ungeheuerlich. Wir werden dagegen rechtlich vorgehen.»
Das Abrechnungsprozedere ist relativ kompliziert. Die Kantone schreiben Blick: «Die Tests in einem Testcenter können via Krankenkasse zu einem vom Bundesrat festgelegten Tarif abgerechnet werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Bewilligung vom Kanton für das Testcenter vorliegt oder nicht.»
Als verantwortlicher Arzt für ihre Testzentren gibt die Safetest AG Christophe Christ an. Er arbeitet als Schönheitschirurg in Zürich. Denn Testzentren, die privat betrieben werden, müssen unter anderem unter der Verantwortung und Aufsicht einer fachverantwortlichen Person mit gültiger Berufsausübungsbewilligung stehen. Sprich: einer Ärztin, einem Arzt, einer Apothekerin oder einem Laborleiter. Der NZZ schreibt Christ : «Wir bestreiten nicht, dass es zu Fehlern gekommen ist, wir ärgern uns selbst am meisten darüber.»
Über 300 Millionen Franken Testkosten allein fürs letzte Quartal 2021
Fürs dritte Quartal des Jahres 2021 weist das Bundesamt für Gesundheit über 6 Millionen Covid-Tests aus. Dafür liess der Bund via Krankenkassen über 325 Millionen Franken an Kantone und Versicherer springen. Bloss, das Geschäft mit den Corona-Tests dürfte wohl bald gekappt werden. Wenn der Bundesrat die Massnahmen zurückfährt und allenfalls auch die Zertifikatspflicht fallen lässt, wird es damit bald vorbei sein.
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