Am Dorfrand in der Solothurner Gemeinde Bettlach kracht es in der Nachbarschaft. Ein zu hoch gebautes Einfamilienhaus beschäftigt das Quartier und die Behörden. Es sei einen Stock zu hoch gebaut, sagt Nachbar Roger D.* (51). Er befürchtet einen Wertverlust seines Grundstücks und wehrt sich – seit fast 20 Jahren.
Der ehemalige Dachdecker kennt die Baubranche wie seine Westentasche. Zeigt während des Blick-Interviews immer wieder Querschnitte und Pläne des Nachbarhauses, erklärt, wo die Probleme liegen und welche baulichen Grenzwerte überschritten wurden. Die geplante Höhe des Nachbarhauses ist D. von Anfang an ein Dorn im Auge, wobei er zum Zeitpunkt des Baustarts noch nicht beweisen konnte, dass das Haus zu hoch gebaut werden soll.
Gutachten entlarvt Bausünde
Das ändert sich 2014. D.s Nachbar plante damals, eine Solaranlage auf dem Flachdach seines Hauses zu installieren. «Die Anlage hätte das Gebäude nochmals zusätzlich erhöht», ärgert sich D. Er rekurriert dagegen – und bekommt recht.
«Die Behörden stellten sich bis zu diesem Moment auf den Standpunkt, dass alles korrekt sei. Erst als ich selbst ein Gutachten zur maximal erlaubten Höhe in Auftrag gab, wurde klar, dass die Werte tatsächlich deutlich überschritten wurden und somit ein Stock illegal erstellt wurde», echauffiert sich D.
Konkret: Laut diesem Gutachten ist das Gebäude rund 44 Zentimeter höher gebaut worden als in den Bauplänen ausgewiesen. Das klinge zwar nicht nach viel, erklärt D., führe aber dazu, dass die Mindestraumhöhe des Nachbarhauses unterschritten werde, was ein Stockwerk des Nachbargebäudes illegal mache.
Rückbau gefordert
D. gehe es aber nicht darum, seinen Nachbarn zu drangsalieren, wie er betont. Die Bausünde habe direkten Einfluss auf sein eigenes Portemonnaie: «Wegen des illegalen Baus hat mein Grundstück quasi über Nacht massiv an Wert verloren. Das kann doch nicht rechtens sein», sagt D. Verkaufen wolle er sein Grundstück nicht. Im Gegenteil: Seine Kinder sollen es einst übernehmen und sich dort eine eigene Zukunft aufbauen. Er verlange lediglich, dass sich alle an die geltenden Regeln hielten.
Gleiche Regeln würden aus seiner Sicht bedeuten, dass der Nachbar sein Haus auf die erlaubte Höhe zurückbaue. Doch die Behörden stellen sich quer. «Ein Rückbau wäre unverhältnismässig», schreiben sie in der Antwort auf D.s abermalige Beschwerde und weisen diese ab, obwohl eine Höhenüberschreitung im selben Dokument anerkannt wird. Auf Nachfrage möchte sich die Gemeinde nicht weiter zur Sache äussern. Die Bettlacher Gemeindepräsidentin Barbara Leibundgut (60) verweist darauf, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei – weil eine Beschwerde von D. noch hängig sei.
Roger D. zeigt sich weiterhin kämpferisch: «Im Dorf werde ich mittlerweile als ‹Stürmi› bezeichnet. Nur weil ich nicht hinnehmen will, dass jenseits meines Gartenzauns etwas Illegales passiert.» Davon, für sein Recht zu kämpfen, lässt er sich nicht abbringen.
*Name der Redaktion bekannt