Die Querulanten-Rentnerin Margrit P.* (78) erstach am 21. März 2019 den kleinen Ilias (†7) mit einem Messer. Mitten in Basel. Am helllichten Tag. Und ohne ersichtlichen Grund.
Erstinstanzlich wurde die Seniorin zu einer Verwahrung verurteilt, zog das Urteil, genau wie die Eltern von Ilias, Samire Mahmuti (28) und Valon Mahmuti (35), allerdings weiter. Am Dienstag trafen sich die beiden Parteien erneut vor dem Kriminalgericht in Basel.
Margrit P. forderte, freigelassen zu werden. Der Familie Mahmuti ging es darum, eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zu bekommen, wie ihr Anwalt Artan Sadiku Blick vor dem Prozess erklärte: «Das Gericht hat alle Forderungen abgewiesen, mit der Begründung, die Beschuldigte verfüge über kein Vermögen. Das ist ein Hohn!» Anwalt Sadiku reichte erst vergangene Woche, kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist, eine Staatshaftungsklage ein.
«Sie haben eine Logik, die nur in ihrem Wahn Sinn ergab»
Der Plan von P. mit einem Freispruch den Gerichtssaal zu verlassen, ging nicht auf. Die Berufung wird abgewiesen. Die Killer-Seniorin wird verwahrt. Das Gericht sieht den Tatbestand des Mordes als erfüllt an. P. muss 12'000 Franken Schadenersatz und Genugtuung von 120'000 Franken bezahlen. Damit wurde die Berufung der Opfer-Familie teilweise gutgeheissen.
Die Richterin sagte bei der Urteilsverkündung zur Mörderin: «Sie sagten, es handle sich um eine Tat im Affekt. Dem haben wir uns nicht angeschlossen. Mord ist besonders skrupellos und verwerflich. Auf die grauenhafte, planmässige Tat, die sie begangen haben, trifft das zu.» P. habe Leid über die Eltern des Buben und auch ein Stück über die ganze Gesellschaft gebracht. Sie habe diese Tat geplant, wäre schon zwei Tage vor dem Mord bereit gewesen. «Sie haben eine Logik, die nur in ihrem Wahn Sinn ergab. Es war die Tat einer kranken Frau.»
«Es geht mir so weit gut»
Dass die Angeklagte ihre Schuld noch immer nicht einsieht, zeigt ihr Verhalten: Sie lächelt im Gespräch mit ihrem Verteidiger, wirkt locker und streckenweise fast verwundert, dass ihr nun so viele Fragen gestellt werden. «Es geht mir so weit gut», sagt sie und spricht laut und deutlich.
Im Gefängnis arbeite sie, um sich das Sackgeld ein bisschen aufzubessern: «Periodisch arbeite ich gerne.» Mit den anderen Insassen habe sie keine Probleme. Aus der kurzen Befragung wird auch klar: Die Kindermörderin verweigert sich jeglicher Therapie. «Nein, sowas brauche ich nicht. Ich brauche keine Psychotherapie», erklärt sie schulterzuckend. Und: Sie habe sich schliesslich über Jahrzehnte immer wieder beim Staat gemeldet, da habe ihr auch niemand geholfen.
Hintergrund: P. leidet seit Jahrzehnten unter einem «Querulantenwahn», lieferte sich mit den Behörden seit den 70er-Jahren einen Kleinkrieg, unter anderem wegen einer Briefmarkensammlung. Sie drohte vor der Tat bereits seit zwei Jahrzehnten in Briefen mit einem «Mord aus Notwehr». Vor der Verhandlung vor dem Basler Appellationsgericht gab es im Warteraum des Gerichts ein Aufeinandertreffen mit den Opfer-Eltern. Elias Mutter Samire weinte bitterlich beim Anblick der Kindermörderin – die Angeklagte schaute den Angehörigen mit starrem Blick ins Gesicht.
Gestand per SMS die Wahnsinnstat
Hätte die Tat von den Behörden verhindert werden können? Denn: Killerin Margrit P. kündigte ihre Tat mehrfach an. Sogar die Polizei hatte die Rentnerin auf dem Radar. Wie Recherchen von Blick damals zeigten, tauchten Beamte mehrfach an der Türe von Margrit P. auf. Offensichtlich ging aber niemand davon aus, dass die Rentnerin ihre Fantasien auch umsetzt – sonst hätte man sie vorsorglich weggesperrt.
Nach dem Mord an dem Primarschüler, der sich zum Zeitpunkt der Tat auf dem Heimweg von der Schule befand, verschickte die Querulantin eine SMS an mehrere Personen, in der sie die Tat gestand. Anschliessend stellte sie sich selbst der Basler Staatsanwaltschaft.
Kleiner Bruder: «Ilias ist im Himmel»
Zurückgelassen hat Ilias nicht nur seine Eltern, sondern auch drei Geschwister: Rejan (8 Monate), Inas (fast 2) und Anuar (5). Letzterer kann sich sogar noch an seinen älteren Bruder erinnern. «Immer wenn es klingelte, dachte er, Ilias käme. Aber Ilias kam nie. Er kommt nie mehr», sagte Mutter Samire im Vorfeld des Gerichtstermins im Gespräch mit Blick.
Das Ehepaar wollte eigentlich mit dem kleinen Anuar noch nicht über den Mord an seinem Bruder sprechen. Das erwies sich aber als unmöglich: «Im Quartier sprechen die Kinder natürlich darüber, und das sehr direkt», so Samire Mahmuti. Der Fünfjährige selber sagt: «Ilias ist im Himmel», und zeigt nach oben. Er versteht: Sein grosser Bruder ist weg.
Familie Mahmuti fiel der erneute Gang vor Gericht schwer. «Aber wir werden das machen. Es geht uns auch um Gerechtigkeit», sagt Valon. (chs)
* Name geändert