Schwere Vorwürfe gegen den Chefredaktor eines Basler Lokalmediums: Er soll die damals 17-jährige Praktikantin Larissa Bucher mit anzüglichen Kommentaren und Nachrichten sexuell belästigt haben. Die Betroffene erstattete vergangenen April Anzeige. Doch bis jetzt erhielt sie keine Rückmeldung von der Staatsanwaltschaft – auch nicht nach mehreren Anfragen. Und: Seinen Posten hat der Chefredaktor noch immer.
Heute arbeitet die junge Frau für «Tele Basel». Dem Fernsehsender erzählte sie nun ihre Geschichte.
Erfundene Notfälle
Zuerst waren es nur blöde Kommentare: «Wenn ich Verspätung hatte und ihm das schrieb, kam die Antwort: 'Hast du gerade geilen Sex und willst nicht gehen?' Oder auch wenn ich dann ins Büro kam, wurde ich gefragt, ob ich eine geile Nacht hinter mir hätte», erinnert sich die heute 22-Jährige.
Larissa versuchte das damals zu ignorieren, löschte die Nachrichten. «Man traut sich dann oftmals nicht, dem Chef die Meinung zu sagen.»Dann fing der Chefredaktor an, E-Mails an Larissa Bucher zu schicken. Der Inhalt: Sex-Geschichten. Die junge Frau liess sich nicht darauf ein, löschte die Nachrichten sofort wieder. Doch ihr Chef liess nicht locker.
«Wenn ich mal keine Zeit hatte, einen Kaffee zu trinken, oder wenn ich Schule hatte, oder sonst gearbeitet habe, hat er mich penetrant angerufen – oder meine Mutter, meine ganze Familie, um mich zu erreichen», sagt Bucher. Es sei sogar so weit gegangen, dass der Chefredaktor Notfälle erfand, damit sie sich trotzdem bei ihm meldet. «Das machte mir Angst und war mir zu viel», sagt sie. Schliesslich brach sie den Kontakt ab und suchte sich eine andere Stelle.
Angebliche Affäre
Doch als sie ein Jahr später wieder für das gleiche lokale Medium als freie Mitarbeiterin tätig war, ging es wieder los. Diesmal schickte er die Mails an eine Kollegin, doch auch Bucher war Teil des Inhalts. «Er schrieb, ich hätte eine Affäre mit ihm und würde alles Mögliche mit ihm und auch mit Interview-Personen machen», sagt die junge Frau.
Als sie es herausfand, konfrontierte sie den Chefredaktor damit. Zuerst stritt er alles ab, doch Bucher war im Besitz der entsprechenden Mails, die er an ihre Kollegin geschickt hatte. In einer E-Mail schrieb er etwa: «Du hast viele Facetten, kannst das harmlose Schulmädel sein, mit Hornbrille und School-Girl-Look und Kleidung.» Oder: «Wo der Mann das Denken einstellt (denken Männer überhaupt), weil er Veränderungen, in Form von Verhärtungen, spürt. Wo er Jäger wird, wo er das Weib Larissa er- und flachlegen will», heisst es weiter.
«Es gilt die Unschuldsvermutung»
Bucher informierte deshalb auch den Verlag des Mediums, welcher sich bei Bucher entschuldigte. Doch wirkliche Konsequenzen gab es für den Chefredaktor keine. Für Bucher ist klar: «Ich finde, dass so jemand nicht in einer Chefposition bleiben dürfte.»
Auf Anfrage von «Tele Basel» sagt der Verlag des Mediums lediglich: «Wir sind über den Fall informiert. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt und der Beschuldigte aussagt, seine Handlungen im gegenseitigen Einvernehmen vorgenommen zu haben, müssen wir den Gerichtsentscheid abwarten, weil für den Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt.» Intern seien zudem Massnahmen ergriffen worden, um den betroffenen Mitarbeiter genauestens zu kontrollieren, heisst es weiter. (bra)