Er sehe sie an jeder Ecke, glaube immerzu, sie käme in der Wohnung bald auf ihn zugestürmt und begrüsse ihn schwanzwedelnd. Doch Charlotte (†11) ist tot. Die Dackel-Dame von Heinz Nydegger (72) wurde am 10. August überfahren – mitten auf dem Fussgängerstreifen in Reinach BL. Unfassbar: Der Lenker fuhr einfach davon. Fahrerflucht! Mit dem Tod von Charlotte brach eine Welt für den Nydegger und seine Frau zusammen.
«Meine Frau ist pflegebedürftig, wir hatten nie Kinder und ich habe Parkinson. Charlotte war deshalb mein Ein und Alles, sie gab mir einen Tagesrhythmus. Einen neuen Hund werden wir uns nicht mehr zutun», sagt Heinz Nydegger zu Blick. Er ist todtraurig – und einsam. «Sie bedeutete mir so viel. Sie war so ein folgsamer, anschmiegsamer Hund. Ich wünsche mir jeden Augenblick, sie würde noch leben.»
Autofahrer verlor noch das Nummernschild
Der tragische Unfall ereignete sich auf dem täglichen Spaziergang durchs Dorf. «Als ich über den Fussgängerstreifen bei der UBS wollte, kam ein Auto um die Ecke. Es erwischte meine Charlotte, die ich an der Leine führte, und riss auch mich zu Boden.» Heinz Nydegger sei völlig perplex gewesen, habe, obwohl er selber am Ellenbogen blutete, nur an den winselnden Dackel denken können.
«Nach dem Unfall ging ich sofort zu unserer Tierärztin, die nur 300 Meter entfernt ihre Praxis hat. Charlotte bekam Sauerstoff, doch die Verletzungen waren zu schwer. Sie starb in meinen Armen.»
Der Todesfahrer habe sich nach dem Unfall nicht um den verletzten Senior und den Hund gekümmert. «Er hat noch das Nummernschild verloren. Er stieg aus, machte es wieder dran und fuhr davon. Leider habe ich es mir nicht gemerkt.»
Trotz Aufruf in der Zeitung meldete sich der Fahrer nicht
Tags darauf geht Heinz Nydegger zur Polizei. «Aber die waren an der Aufklärung nicht gross interessiert. Ein Hund ist laut Gesetz ja nur eine Sache», meint er enttäuscht. Zudem habe man ihm zu verstehen gegeben, dass er eine Mitschuld trage. «Man sagte mir, der Hund habe auf dem Fussgängerstreifen neben mir zu laufen, nicht hinter mir. Dabei hat das Auto ja auch mich erwischt!»
Also schrieb er im lokalen Wochenblatt einen Leserbrief, rief den Fahrer dazu auf, sich zu melden. Doch nur zwei Zeuginnen riefen an. «Die eine wusste, dass es ein blaues Auto war und dass der Fahrer nach dem Unfall seelenruhig im Denner einkaufen ging. Die andere sagte, dass sogar noch ein zweites Auto über Charlotte drüber fuhr. Das habe ich selber nicht gesehen, weil ich ja am Boden lag, aber es bricht mir das Herz.» Bitter: Bis jetzt ist immer noch nicht klar, wer der Fahrer war.
Nun hofft er einfach, dass der Fahrer für seine Tat Verantwortung übernimmt. «Das ist doch eine Frage des Charakters», appelliert er ans Gewissen des Mannes. «Eine Entschuldigung würde mir so viel bedeuten.»