Sie sind junge Väter und Mütter. Sie stehen an der Wiege ihrer Kinder. Und werden zu Tätern, die ihre Babys töten – oft ungewollt. Auslöser: Das kleine Kind schreit, vielleicht stundenlang. Schlafmangel wird für die Eltern ein Dauerzustand. Einmal packen, einmal kräftig schütteln, so die Kurzschlusshandlung. Dann wird das Kleine schon Ruhe geben. Überforderung steckt oft hinter den Fällen sogenannter Schütteltraumen bei Babys. Zuweilen ist es aber auch nackte Gewalttätigkeit.
Auch in der Schweiz stehen immer wieder Elternteile vor Gericht, weil sie ihr Kind totgeschüttelt haben. Der prominenteste Täter war Erhard Loretan (1959–2011). Der Schweizer Höhenbergsteiger stürmte alle 14 Achttausender ohne zusätzlichen Sauerstoff. Doch das Brüllen seines Sohnes an Heiligabend 2001 hatte er nicht im Griff. Er schüttelte den sieben Monate alten Buben derart, dass dieser Hirnverletzungen erlitt und daran verstarb.
Zwei Jahre später wurde Loretan von einem Gericht in Bulle FR zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der Extremsportler stand zu seiner Schuld. Er erlaubte die Veröffentlichung seines Namens, um auf die Gefahren des Babyschüttelns hinzuweisen. Loretan stürzte im April 2011 während einer Bergtour zu Tode.
Vier Monate Haft für Babyschüttler
Am Nachmittag des 26. November 2000 raste eine Familie mit ihrem Neugeborenen ins Berner Inselspital, wo es wegen seiner Hirnblutungen verstarb. Es sei gestürzt, beteuerte der Vater. Doch die Gerichte sahen den Vater als Täter. Schliesslich erhielt der Mann vor dem Bundesgericht eine bedingte Gefängnisstrafe von vier Monaten, weil er nicht vorsätzlich gehandelt habe.
Bäcker wird zum Serientäter
Im Fall eines Bäckers (49) aus Lausanne wurde das Babyschütteln zur Serientat. Ronald M.* hatte vier Kinder mit drei Frauen. In drei Fällen schüttelte er seine Babys. Sein erster Bub starb Ende der 90er-Jahre an einer Schüttelattacke in Yverdon VS. Damals erhielt der Gewalttäter noch Bewährung. M. zog nach Frankreich. Dort schüttelte er auch seine drei Monate alte Tochter zu Tode. Der Schweiz-Franzose wurde zu 15 Jahren Knast verurteilt, kam nach elf Jahren frei. Zurück in der Schweiz schüttelte er auch sein viertes Kind. Der zwei Monate alte Säugling überlebte, der Serienschüttler musste sieben Jahre in den Knast.
Im September 2017 verurteilte das Bezirksgericht Baden AG einen 40-Jährigen zu 13 Jahren Haft. Er hatte den zwei Jahre alten Sohn seiner Lebensgefährtin geschüttelt und dabei dessen Tod in Kauf genommen, so der Richter. Die Mutter (32) erhielt acht Monate bedingt wegen Körperverletzung durch Unterlassen.
* Name bekannt