Ein Vorteil, den die Corona-Schutzmassnahmen mit sich brachten: Dank Lockdown, Abstandsregeln und Maskenpflicht hatten es auch Influenzaviren schwerer, sich zu verbreiten. Somit kam es in den vergangenen zwei Jahren seltener zu Grippe-Erkrankungen. Nun befürchten Experten, dass die Grippe jetzt mit voller Wucht zurückkehrt.
In Australien, wo die Winterzeit gerade endet, sind in dieser Saison ausserordentlich viele Influenza-Fälle registriert worden. Bislang haben sich knapp 218'000 Menschen dort infiziert. Laut Experten könnte die starke Grippewelle auf der Südhalbkugel ein Vorbote für eine potenziell ebenso schwere Grippewelle in Europa sein.
«Natürlicher Booster» hat gefehlt
Aufgrund der Pandemie-Massnahmen dürfte die Grippwelle besonders heftig ausfallen, sagt Sandra Ciesek vom Institut für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt gegenüber dem ZDF: «Wir hatten einfach in den letzten zwei Jahren keinen Kontakt zu dem Virus, also nicht die natürlichen Booster, die eine natürliche Influenza-Infektion auslöst. Deswegen sind viel mehr Menschen wieder empfänglicher für eine Influenza-Infektion.»
Viren, Bakterien und Keimen, denen man ausgesetzt ist, haben einen Einfluss auf das Immunsystem. Dieses lernt, die Viren abzuwehren – aber nur bei Kontakt mit dem Erreger, erklärt Ulf Dittmer, Chefvirologe der Universitätsmedizin Essen, gegenüber dem «Stern»: «Für andere Infektionen als Corona haben wir das Immunsystem in den letzten zwei- bis zweieinhalb Jahren nicht ausgebildet. Auch bei jüngeren Menschen könnte deshalb eine Influenza-Infektion schwerer ausfallen.»
Impfzeit beginnt im Oktober
Besonders gefährdet für einen schweren Krankheitsverlauf sind Menschen ab 65 Jahren, schwangere Frauen, Personen mit chronischen Erkrankungen, Säuglinge und frühgeborene Kinder bis zwei Jahren, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG).
Um sich davor zu schützen, empfiehlt das BAG bestimmten Personengruppen die jährliche Grippeimpfung. Die Impfzeit beginnt in der Schweiz Mitte Oktober. «Eine Grippeimpfung kann gleichzeitig mit, vor oder nach einer Covid-19-Impfung erfolgen», schreibt das Amt weiter. (bab)