«Die Gemeinde hat einen kleinen Fehler gemacht»
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Spielplatz-Sperrung im Glarus:«Die Gemeinde hat einen kleinen Fehler gemacht»

Anwohner können wegen Behörden-Knatsch Glarner Spielplatz seit einem Jahr nicht betreten
«Die Kinder müssen ihn täglich durch den Zaun anschauen»

Rund um den geschlossenen Spielplatz im Einfamilienhaus-Quartier in Niederurnen herrscht Zoff. Schuld: die nachlässige Holdrio-Planung der Gemeindeverwaltung. Die Kinder sind traurig, die Eltern wütend, die Einsprecher emotional am Boden.
Publiziert: 09.11.2024 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.11.2024 um 13:31 Uhr
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Den neuen Spielplatz in Niederurnen GL dürfen Kinder nur anschauen, nicht betreten. Anwohnerin und Grosi Marilyn Grassi fordert, dass der Zaun endlich wieder verschwindet.
Foto: Beat Michel

Auf einen Blick

  • Spielplatz gesperrt wegen hängiger Einsprache und fehlender Baubewilligung
  • Anwohner sind wütend und fühlen sich von der Gemeinde übergangen
  • Spielplatzbau kostete 150'000 Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Beat MichelReporter

Der Spielplatz im idyllischen Einfamilienquartier in Niederurnen GL sieht aus wie ein Sperrgebiet. Ein massiver, über zwei Meter hoher Stahlzaun umgibt einen wunderschönen Spielplatz. In der Mitte steht ein Märchenschloss aus Holz, darum herum Rutschbahnen und verschiedene Klettergerüste. Am Gitter hängt ein Zettel: «Wegen einer hängigen Einsprache bleibt dieser Spielplatz bis auf weiteres gesperrt.»

Im August 2023 hat die zuständige Gemeinde Glarus Nord einen Baustopp über das kleine Paradies verhängt. Weil Bauschutt schliesslich für Kleinkinder zu gefährlich wurde, umzäunte die Gemeinde am 4. Dezember den Spielplatz. «Unsere Kinder sind traurig», sagt Anwohnerin und Grosi Marilyn Grassi (59). «Meine Enkel können nicht verstehen, warum sie hier nicht spielen dürfen.» Auf der Gegenseite stehen die Einsprecher Sybille U.* und Urs B.*. Sie fühlen sich von der Gemeinde übergangen und «verseckelt», wie sie gegenüber Blick sagen.

Anwohnerin Marilyn Grassi hat sich beim Blick gemeldet, weil sie die Situation für ihre Enkel und ihre Freunde als unmöglich empfindet. Sie sagt: «Die Kinder müssen jeden Tag auf dem Schulweg den Spielplatz durch den Zaun anschauen. Sie können nicht verstehen, warum sie hier nicht mehr spielen dürfen», sagt Grassi. Und weiter: «Auch wir Erwachsene können es nicht verstehen. Wir bekommen von der Gemeinde keine Informationen. Und schon gar nicht von den Einsprechern. Wir sind wütend auf diese Nachbarn. Wie kann man nur so egoistisch sein?»

Gemeinde legte einfach los

Dabei haben die Einsprecher sehr wohl berechtigte Argumente. Sie besitzen das angrenzende Grundstück. Wie sie sagen, beachtete die Gemeindeverwaltung das Baugesetz nicht. Sybille U. erklärt: «Der Spielplatz steht auf einer Freihaltezone, oberirdische Bauten sind hier nicht zulässig. Als wir vor 30 Jahren eingezogen sind, befanden sich auf dem Grundstück nur eine Betonröhre, ein Sandkasten, eine Rutsche und eine Schaukel. Es war ein Quartierspielplatz, das störte uns nicht. Vor 18 Jahren aber wurde alles anders.» 

Die Gemeinde liess damals einen etwa vier Meter hohen Kletterturm aus Holz mit Rutschbahn bauen, zudem wurde ein Tisch mit Bänken erstellt. Aus dem improvisierten Kindertreffpunkt wurde plötzlich ein offizieller Spielplatz. Dass eine Erweiterung des Spielplatzes eine Bewilligung brauchte, realisierte die damalige Gemeindeleitung nicht. Sybille U. sagt genervt: «Die Gemeinde hatte die Anwohner nicht informiert. Sie baute einfach. Es gab keine Bewilligung, keine Ausschreibung im ‹Anzeiger›.» Die Situation wurde für Sybille U. und Urs B. unerträglich, wie sie gegenüber Blick erzählen. «Wir liessen mehrmals, infolge Ruhestörungen in der Nacht, die Polizei kommen. Es gab einen regelrechten Spielplatz-Tourismus zu uns. Grosse Gruppen liessen sich bei schönem Wetter hier nieder. Auf dem Gelände hat es keine Toiletten. Die Besucher haben sich in unserer Hecke erleichtert.»

Die restlichen Anwohner rund um den Spielplatz bestätigen diese Schilderung nicht. Marilyn Grassi sagt: «Ich habe hier vier Kinder aufgezogen, sie haben so oft hier gespielt. Klar, Kinder sind laut, aber damit muss man in einem Wohnquartier leben. Nach 8 Uhr abends war es nur selten laut. Die Polizei habe ich nie gesehen.»

Spontaner Bau ohne Bewilligung

Die Reklamationen bei der Gemeinde durch Sybille U. und Urs B. vor 18 Jahren halfen nicht. Im Gegenteil. Im April 2023 trug die Gemeinde die alten Geräte ab und liess für 150'000 Franken einen richtig hochwertigen Spielplatz mit einem über fünf Meter hohen Turm und sechs Rutschen sowie weiteren Spielgeräten bauen. Auch jetzt wieder gab es keine Mitteilung im Amtsblatt und keine Baubewilligung. Die Anwohner wussten von nichts. «Wir beantragten einen Baustopp. Im Nachhinein hat die Gemeinde ein Baugesuch eingeholt, das sie sich auch gleich selber bewilligt hat. Damit waren wir nicht einverstanden. So machten wir eine Beschwerde beim Kanton. Der muss jetzt entscheiden, ob der Spielplatz da stehen darf.»

Die Einsprecher sind alles andere als glücklich mit der Situation. Die Einzäunung des Spielplatzes hat der Kanton aus Sicherheitsgründen veranlasst. «Jetzt warten wir auf das Urteil», sagen sie. «Die Einsprache ziehen wir nicht zurück, da auch die Gemeinde sich an Gesetze halten muss.» Mittlerweile sind die Einsprecher aus ihrem Haus ausgezogen.

Gemeindepräsident belastet Situation

Auf Anfrage gibt sich Gemeindepräsident Fritz Staub (56, SVP) betrübt. Er ist erst seit August in dieser Position, den Bau des Spielplatzes erlebte er immerhin als Mitglied des Gemeinderats. Er sagt dazu: «Wir wollten es damals allen recht machen, das hat eine unglückliche Konstellation ergeben.» Weil die Untersuchung noch läuft, darf er keine konkreten Angaben machen. Staub bestätigt aber: «Es wurde ohne Baubewilligung gebaut, man glaubte, es geht auch ohne. Das kann ich bestätigen.» Der Gemeindepräsident ist sich der Situation bewusst: «Jetzt sind alle unglücklich. Die Kinder, die Eltern, die Anwohner, die Gemeindeleitung.»

Wie lange der Zaun noch bleibt, ist unklar. Die zuständige Beschwerdeinstanz beim Kanton darf über das hängige Verfahren keine Auskunft geben. Die Pressestelle informiert, dass ab Ende des Schriftwechsels innert sechs Monaten ein Entscheid gefällt werden sollte. Bis jetzt warten die Kinder aber bereits rund ein Jahr. Akzeptieren die Einsprecher eine allfällige Niederlage nicht, kommt der Streit vor das Verwaltungsgericht. Dauer bis zum Urteil: noch eine Weile nicht absehbar.

* Namen geändert 

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