Darum gehts
- Erste Sanktion in Zürich wegen religiöser Verhüllung
- Nationales Verhüllungsverbot mit Folgen für Hooligans und Demonstrierende
- Kantone mit Burkaverbot ahndeten Verstösse in der Vergangenheit selten
Seit Anfang Jahr ist es in der Schweiz verboten, an öffentlich zugänglichen Orten das Gesicht zu verhüllen. Das Verschleierungsverbot geht auf eine Volksinitiative des Egerkinger Komitees um den früheren Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann zurück. Im März 2021 nahm die Stimmbevölkerung das in erster Linie gegen Burkaträgerinnen gerichtete Begehren an.
Allerdings gilt das Verbot auch für vermummte Hooligans und Demonstranten. Ausnahmen sieht das Gesetz zum Schutz der Gesundheit oder gegen Kälte vor. Fastnachtsmasken bleiben ebenfalls erlaubt. In Gebetsräumen dürfen sich Gläubige weiterhin verschleiern, doch wer in der Öffentlichkeit eine Burka oder einen Nikab trägt, wird gebüsst, in der Regel pro Verstoss mit 100 Franken.
Frau akzeptiert Busse nicht
In Zürich hat die Stadtpolizei in diesem Zusammenhang bisher nur eine einzige Busse ausgesprochen, weil eine Frau das Verhüllungsverbot aus religiösen Gründen missachtete. Dies sagt Michael Walker, Sprecher der Zürcher Stadtpolizei, auf Anfrage von Blick. Da die Betroffene die Sanktion nicht akzeptierte, erfolgte laut Walker eine Verzeigung an den Statthalter, der nun ein Urteil fällen muss. Unter Verweis auf Persönlichkeits- und Datenschutz heisst es zu diesem Fall lediglich: «Bei der Betroffenen handelt es sich nicht um eine Touristin.» Wie alt die Frau ist und womit sie sich verhüllt hatte, darüber schweigt sich der Sprecher aus.
Auch gegen Hooligans und Demonstrierende verhängte die Stadtpolizei Zürich laut Walker einzelne Bussen. Das tat sie allerdings auch schon früher, denn wie andere Kantone kennt Zürich schon länger ein Vermummungsverbot. Im vergangenen Jahr seien 98 Verzeigungen wegen «Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot» erfolgt, etwa gegen Demonstrierende, die am 1. Mai das Gesicht verbargen, oder Fussballfans, die sich bei Ausschreitungen nicht zu erkennen gaben.
Vermummte Pyro-Werfer
Die Kantonspolizei Bern hat bisher keine Sanktionen gegen Burkaträgerinnen ausgesprochen. Auf Grundlage des neuen Bundesgesetzes sei aber eine Ordnungsbusse verhängt worden, sagt Sprecherin Chiara Bovigny: Im Kanton Bern waren seit Inkrafttreten des Gesetzes mehrere Fälle bekannt geworden, in denen sich Besucher von Fussballspielen oder Demonstrationen vermummt hatten, um Pyrotechnik einzusetzen.
Im Kanton Basel-Stadt sind Verstösse gegen das Verhüllungsverbot nicht dokumentiert. Weil das Verfahren lediglich geringfügige Übertretungen betreffe, wolle man die Verwaltungskosten gering halten, begründet Kantonspolizei-Sprecher Rooven Brucker diese Handhabe.
Verhüllung aus Protest
Auf Kantonsebene kannten das Tessin und St. Gallen schon seit 2016 oder 2019 ein Burkaverbot. Bussen gab es in dieser Zeit einige Dutzend, in manchen Fällen provozierten Aktivisten Strafen, um Aufmerksamkeit in ihrem Kampf gegen die Bestimmung zu erregen.
Unter anderem gilt auch in Dänemark, Österreich, Belgien und Frankreich ein Verhüllungsverbot. Dadurch aber wurde der Nikab zu einem subversiven Symbol, manche Musliminnen zeigten sich erst recht voll verschleiert auf den Strassen.