Die ersten Symptome vom sogenannten toxischen Schocksyndrom (STSS) kommen schnell und sind heimtückisch. Es beginnt wie eine Erkältung: Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Fieber. Doch in Wahrheit breiten sich fleischfressende Streptokokken-Bakterien immer weiter im Körper aus, und legen ihn nach und nach lahm. Die Organe werden am Ende schlechter durchblutet. Es droht Organversagen. Lebensgefahr! In einem von drei Fällen endet STSS tödlich.
Wie schlimm STSS sein kann, bekommt gerade Japan mit voller Wucht zu spüren. Das Land verzeichnet einen Rekordanstieg. Bis zum 2. Juni wurden 977 Fälle verzeichnet. Das ist schon mehr als im gesamten vergangenen Jahr. 2023 hatte es 941 Infizierte gegeben.
Hygiene-Massnahmen konnten Anstieg nicht stoppen
Umgangssprachlich ist das Syndrom auch als «Tamponkrankheit» bekannt, da es in einem Grossteil der Fälle im Zusammenhang mit der Benutzung von Tampons während der Menstruation auftritt.
Übertragen wird der Erreger aber auch durch Tröpfchen. Das japanische Gesundheitsministerium hatte die Bevölkerung daher bereits im Januar aufgerufen, sich regelmässig die Hände zu waschen, Abstand zu anderen Menschen zu halten und an stark besuchten öffentlichen Orten eine Maske zu tragen. Doch es nützt nichts. Die Zahlen steigen trotzdem weiter und weiter. Warum das so ist, können Experten nicht sagen.
Diese Personen sind besonders gefährdet
Fakt ist: Mit dem Ende der Corona-Massnahmen stiegen die Streptokokken-Infektionen auch in den USA, Australien und Europa.
Die meisten Infektionen verlaufen harmlos. Es gibt nur selten schwerwiegende Verläufe. Besonders gefährdet sind schwer vorerkrankte Personen und Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist. Darunter auch Kinder.
BAG hat keine Zahlen
«In unseren Breitengraden geht man von ungefähr 3,5 Fällen schwerer Streptokokkus-pyogenes-Infektionen pro 100'000 Personen pro Jahr aus», sagte Annelies Zinkernagel, Klinikdirektorin der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich, im März zu Blick. Damals sorgten die hohen Zahlen in Japan schon für mächtig Wirbel. Jetzt zeigt sich: Die Infektionswelle geht dort weiter. Und Experten stehen vor einem Rätsel, warum das so ist.
Wie viele Infizierte es in der Schweiz gibt, ist unklar. Es gibt keine Meldepflicht. «Deshalb liegen uns beim BAG keine Zahlen zur Verbreitung in der Schweiz vor», sagt Simon Ming vom Bundesamt für Gesundheit zu Blick. Allerdings gibt es Zahlen zu Erkrankungen bei Kindern. Und der Vergleich mit 2023 zeigt: Die Zahlen sind aktuell niedriger.