Hier reinigt ein Schamane das Kunsthaus
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Publikum ist erstaunt:Hier reinigt ein Schamane das Kunsthaus

Aktion wegen Bührle-Sammlung
Milo Rau lässt Kunsthaus von Schamane reinigen

Der bekannteste Bühnen-Regisseur der Schweiz inszeniert im Kunsthaus Zürich eine Aktion. Wegen der umstrittenen Bührle-Sammlung.
Publiziert: 21.04.2022 um 08:50 Uhr
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Milo Rau (l.) dankt dem Schamanen Karl-Heinz Betzemeier für seine «Reinigungsaktion» im Kunsthaus Zürich.
Foto: Benno Tuschschmid
Benno Tuchschmid

Der Schamane Karl-Heinz Betzemeier (59) steht im Foyer des Zürcher Kunsthauses und keucht. Er reinigt das Kunsthaus von negativer Energie. Um ihn herum stehen erstaunte Besucher und schauen zu.

Das alles ist Theater – und Teil der neuesten Inszenierung von Milo Rau (45), dem bekanntesten und umstrittensten Bühnenregisseur der Schweiz.

Am Samstag feiert sein Stück «Wilhelm Tell nach Friedrich Schiller» Premiere am Schauspielhaus Zürich. Es geht darin um Selbstbestimmung, Unterdrückung und Freiheitsberaubung. Nicht zu Zeiten Gesslers, sondern im Hier und Jetzt. Und die Theatervorstellung hat längst begonnen.

Das Kunsthaus Zürich ist für Rau Bühne und Tatort zugleich. Tatsächlich tobt ein erbitterter Streit um die Herkunft verschiedener Bilder aus der Kunstsammlung des Schweizer Waffenfabrikanten Emil G. Bührle (1890–1956), die im riesigen Neubau gleich neben dem Zürcher Schauspielhaus hängt.

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Wilhelm Tell im Jetzt

Auch um das Meisterwerk «Mohnfeld bei Vétheuil» des französischen Impressionisten Claude Monet (1840–1926). Das Bild gehörte einst Hans Erich Emden, Spross einer jüdischen Warenhaus-Dynastie aus Deutschland. Seine Enkelin Maeva Emden (47) ist auf Einladung Milo Raus ebenfalls in Zürich.

Sie sagt: «Mein Grossvater war gezwungen, das Bild unter Wert zu verkaufen, um seine Flucht zu finanzieren. Nun hängt es in diesem imposanten Neubau.» Es sei wichtig, dass man in der Schweiz darüber rede. Vielleicht gebe es ja bald einen modernen Wilhelm Tell, der für Gerechtigkeit sorge, sagt sie und lächelt.

Schon ist Wilhelm Tell nicht mehr nur eine Legende, sondern eine Hoffnung für eine Hinterbliebene, deren Familie in der Schweiz Unrecht erfahren hat. Der Schamane Betzemeier packt derweil seine Utensilien zusammen. Er habe in seiner Zeremonie viel negative Energie in Licht umgewandelt, sagt er.

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