7 Tote im Pflegeheim von Siviriez FR. Hinzu kommen 53 Infizierte – 34 Bewohner, 19 Angestellte. Knapp 20 Kilometer entfernt sind in Bulle FR 34 Personen positiv getestet worden. Eine starb. Allesamt im Altersheim Maison Bourgeoisiale. Auch die Deutschschweiz meldet neue Fälle. 12 Bewohner und 18 Mitarbeiter haben sich im Pflegezentrum Eulachtal in Elgg ZH infiziert, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Drei Meldungen am Mittwoch, drei Alters- und Pflegeheime, 117 infizierte Personen. Auch wenn sich diese Personen über einen Zeitraum von mehreren Tagen angesteckt haben, sollte dies ein Warnzeichen sein. Erst diesen Sonntag sagte Andreas Stuck, Präsident der Schweizerischen Fachgesellschaft für Geriatrie, im SonntagsBlick: «Ich mache mir Sorgen, dass sich das Virus wieder in den Heimen ausbreitet.»
51 Prozent der Corona-Toten in Alters- und Pflegeheimen
Als vor wenigen Wochen erste Bilanzen zum Corona-Frühling gezogen wurden, wurde klar: Nirgends hat das Virus so stark gewütet wie in den Alters- und Pflegeheimen. 51 Prozent der Corona-Todesfälle waren dort zu beklagen. Dabei scheint es zwei Hautprobleme zu geben: Einerseits sind die Bewohner dieser Institute besonders gefährdet – im Median ist ein Corona-Toter in der Schweiz bisher 84 Jahre alt –, andererseits findet das Virus dort beste Bedingungen vor. Viele Menschen, die tagein, tagaus nah beieinandersitzen, dazu körperlicher Kontakt, beispielsweise bei Massagen oder anderen Therapieformen.
Rigoros wurden deshalb teilweise die Bewohner abgeschottet, Besuche waren keine erlaubt. Viele Bewohner kamen damit allerdings nicht zurecht, litten mehr unter der sozialen Isolation als dem Virus. Andere Pflegeheime nahmen es lockerer, jeder machte ein wenig, was er wollte.
Unterdessen fordern Experten ein schweizweites Schutzkonzept für Altersheime. Darunter auch Andreas Stuck. Er kann nicht verstehen, weshalb Bereiche wie der öffentliche Verkehr, Restaurants oder Schulen einheitliche Vorgaben haben, Heime aber nicht. Und sagt: «Es ist jetzt fünf vor zwölf».
Jekami-Kultur und Föderalismus
Das Problem: In den Heimen herrscht eine Jekami-Kultur. Die Finanzierung teilen sich Bund, Kantone und Gemeinden, entsprechend möchte jeder mitreden. Stuck sagt: «Die notwendigen Schutzmassnahmen und Corona-Behandlungen in Heimen sind kostspielig. Die Heime können dies nicht aus ihren regulären Einnahmen finanzieren und sind deshalb auf Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen.»
Die 117 neuen Fälle kann Peter Burri, Mediensprecher von Pro Senectute, gegenüber BLICK nicht kommentieren. Ob die Ausbrüche mit mangelnden Schutzkonzepten, Fahrlässigkeit oder anderem zu tun haben, entziehe sich den Erkenntnissen von Pro Senectute. Klar aber sei, dass «das Virus für ältere Menschen mit Vorerkrankungen höchst gefährlich sein kann».
Spagat zwischen Isolation und Kontakt
Er sagt es sei schwierig, schnell einheitlich zu agieren, solange föderalistisch entschieden werde. Burri setzt seine Hoffnung deshalb in die Angestellten und Bewohner der Heime. Er hofft, dass die Altersheime aus der ersten Welle gelernt haben: «Ihnen muss der Spagat zwischen Schutz der Bewohner einerseits und das Erlauben sozialer Kontakte andererseits gelingen.»
Dabei sei es entscheidend darauf zu achten, dass das Virus nicht ins Altersheim eindringen kann: «Wenn es im geschlossenen System ist, wird es sehr schwierig.» Das würde man auch in Clubs oder auf Kreuzfahrtschiffen sehen. Bloss, dass die Bewohner der Pflegeheime deutlich gefährdeter sind, durch eine Corona-Infektion schlimme Folgen davonzutragen.
Ob mit oder ohne nationalem Konzept: Die 117 neuen Fälle und acht Toten dürften erst ein Anfang sein. Epidemiologen warnen bereits seit längerem, dass in den kommenden Monaten zur Corona-Pandemie die normale Grippesaison hinzukommt, die alte und kranke Personen zusätzlich gefährdet.