Seit die Massnahmen gegen das Coronavirus grösstenteils aufgehoben sind und der Krieg in der Ukraine Europa in Atem hält, ist die Pandemie für viele Schweizer in den Hintergrund gerückt. Dennoch ist das Virus noch immer unter uns. Allein in den letzten vier Wochen haben sich mehr als 62'000 Menschen damit infiziert, fast 700 mussten im Spital behandelt werden. 63 Personen sind daran verstorben.
Insgesamt haben seit Beginn der Pandemie 13'231 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion ihr Leben verloren – das sind 13'231 Mütter, Väter, Töchter, Söhne, Brüder oder Schwestern, 13'231 Lebensgeschichten, 13'231 Schicksale und ebenso viele Familien, die um einen geliebten Menschen trauern.
Nur: «Über die Dauer der Pandemie hinweg hat eine starke Veralltäglichung der Todeszahlen stattgefunden und das Mitgefühl ist vielerorts verloren gegangen», sagt Roman Bolliger. «Auch von der Politik kam bisher eher wenig Anteilnahme.» Bolliger ist einer der Initianten der Corona-Mahnwache-Bewegung, die zu mehr Empathie für das Schicksal der Verstorbenen und für ihre Angehörigen aufruft.
Es soll weitere Gedenktage geben
Im November 2020 führte die Gruppierung zum ersten Mal einen stillen Gedenkanlass durch: Die Beteiligten zündeten auf dem Bundesplatz für jede Person, die wegen des Virus ihr Leben verloren hatte, eine Kerze an. Weitere Kerzen-Aktionen folgten, auch an anderen Orten in der ganzen Schweiz. Aufgrund der Ansteckungsgefahr wurde dieses stille Gedenken jedoch jeweils ohne Ankündigung und lediglich mit wenigen Mitwirkenden durchgeführt.
Nun ruft die Corona-Mahnwache zum ersten Mal im Voraus zu einem solchen Anlass auf. Am 10. Juni soll ein Gedenktag für die Verstorbenen begangen werden, bei dem auf dem Bundesplatz für jedes Corona-Opfer eine Kerze brennen wird. Mehr noch: «Es besteht der Wunsch, dass es in Zukunft weitere solcher Gedenktage gibt», sagt Roman Bolliger.
Die Corona-Mahnwache stellt aber auch Forderungen an die Politik: «Wir brauchen mehr Prävention. Jetzt, wo die Zahlen tiefer sind als auch schon, wäre es angebracht, vorbeugende Massnahmen zu treffen zur Vermeidung nächster schlimmer Covid-19-Wellen.» Bolliger wünscht sich ein Engagement der Politik, um die Fallzahlen weiter zu senken, den Impfschutz zu erhöhen und für saubere Raumluft zu sorgen.
Angesichts der vielen Todesfälle und der Menschen, die an Long Covid leiden, müsse die Politik Lehren aus den Geschehnissen der letzten zwei Jahre ziehen – «damit sich das hoffentlich nie mehr wiederholt».