«Wir müssen viel enger mit der Nato zusammenarbeiten»
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FDP-Präsident Thierry Burkart:«Wir müssen viel enger mit der Nato zusammenarbeiten»

«Zum Schutz der Schweiz»
Nato-Zusammenarbeit ist kein Tabu mehr

Schweizer Kampfjets sollen im Ausland an Nato-Übungen teilnehmen, fordert FDP-Präsident Thierry Burkart. Was früher zu einem Aufschrei geführt hatte, stösst heute bei vielen Politikern auf Zustimmung. Die Debatte über eine neue Schweizer Neutralität läuft heiss.
Publiziert: 09.04.2022 um 01:12 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2022 um 08:11 Uhr
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Der Ukraine-Krieg hat die Schweizer Sicherheitspolitik kräftig durchgerüttelt. Selbst die Neutralität soll neu gedacht werden.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
Daniel Ballmer und Lea Hartmann

Sicherheit galt im Herzen Europas jahrzehntelang als selbstverständlich. Kaum mehr jemand glaubte an Schlachten mit Panzern und Artillerie. Der Ukraine-Krieg aber hat alles verändert. Bürgerliche fordern mehr Geld für die Armee. Der neue Kampfjet sei rascher zu beschaffen. Und nun soll auch noch die Schweizer Neutralität neu gedacht werden.

So fordert FDP-Präsident Thierry Burkart (46) in der NZZ und im «Tages-Anzeiger» eine engere Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsbündnis Nato. «Es bleibt sehr unwahrscheinlich, dass die Schweiz allein von einem Staat bedroht oder angegriffen wird. Wenn wir angegriffen würden, dann dürften weitere Teile Westeuropas betroffen sein», sagt er. «Und in einem solchen Fall müssten wir uns sinnvollerweise im Verbund mit anderen Staaten verteidigen.»

«Schweiz muss ihre Neutralitätspolitik neu definieren»

Von einem Nato-Beitritt wolle er nichts wissen, stellt Burkart gegenüber Blick klar. Die Schweiz kooperiere schon heute mit dem Militärbündnis. Doch: Die Zusammenarbeit soll noch enger werden, «ähnlich wie das Finnland und Schweden bereits mit der Teilnahme an Nato-Manövern tun». So werde die Schweizer Neutralität nicht verletzt. Doch der Ukraine-Krieg zeige: «Die Schweiz muss ihre Neutralitätspolitik neu und klarer definieren.»

Der vermeintliche Tabubruch ist keiner mehr. Der Ukraine-Krieg hat die Schweizer Sicherheitspolitik kräftig durchgerüttelt. Mit seiner Partei seien die Aussagen nicht abgesprochen, räumt Burkart ein, «aber ich gehöre damit bei der FDP sicher zu keiner kleinen Minderheit». Bundespräsident Ignazio Cassis (60) beauftragte sein Aussendepartement sogar mit einem Bericht «zu einem besseren Verständnis der Neutralität im aktuellen Kontext».

Bei einem Angriff entfällt die Neutralität

Auch Armeechef Thomas Süssli (55) hält eine engere Zusammenarbeit mit Nato und EU durchaus für sinnvoll, wie er gegenüber Radio SRF sagte. Verteidigungsministerin Viola Amherd (59) schliesst einen Nato-Beitritt zwar aus. Doch: «Sollte die Schweiz tatsächlich angegriffen werden, würde die Neutralität der Schweiz entfallen», sagte die Mitte-Bundesrätin zur «SonntagsZeitung». Daher müsse auch die Option der Zusammenarbeit bestehen.

Für Parteikollegin Elisabeth Schneider-Schneiter (58) hat sich die Schweiz lange zu stark darauf verlassen, dass die Nato ihr im Notfall zur Seite stünde. «Doch die Schweiz kann nicht einfach darauf hoffen, ohne selbst einen Beitrag zum Sicherheitsverbund zu leisten.» Für sie steht fest: «Die Neutralität muss weiter ausgelegt werden.» Zum Schutz der Schweiz.

«Mit gemeinsamen Manövern bereits in dunkler Grauzone»

Aus sicherheitspolitischer Sicht könne eine noch engere Zusammenarbeit mit der Nato wohl sinnvoll sein, findet sogar SVP-Nationalrat Franz Grüter (58). Schon heute finde ja in verschiedenen Bereichen ein regelmässiger Austausch statt – im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden, die notabene vom ehemaligen SVP-Bundesrat Adolf Ogi eingefädelt worden war.

Allerdings darf aus Sicht Grüters die Neutralität keinesfalls gefährdet werden. «Und mit gemeinsamen Manövern würden wir uns wohl bereits in einer dunklen Grauzone bewegen», sagt der Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. «Der Schritt zum Nato-Beitritt wäre dann nicht mehr allzu gross. Und das wäre für uns ein absolutes No-Go.»

«Weiter wie bisher ist für uns keine Option»

Kritisch sind auch die Linken. «Es ist höchste Zeit, dass wir über die Neutralität der Schweiz diskutieren», sagt Nationalrat Fabian Molina (31). Sicherheit sei nur durch Kooperation möglich. Doch die Nato sei der falsche Partner, weil sie zu stark von den USA dominiert sei.

Für GLP-Fraktionschefin Tiana Moser (43) steht derweil fest: «Weiter wie bisher ist für uns keine Option.» Seit Jahren fordere ihre Partei eine engere Zusammenarbeit auch mit der Nato. «Die Diskussion muss ohne Tabus geführt werden.»

Die Debatte über die Neutralität ist lanciert. Und neutral ist dabei keiner.

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