Der Fall sorgte für Schlagzeilen: Vor rund einem Monat schickte die Stadt Zürich rund 50 Prostituierte in Quarantäne – wegen eines Corona-Falls im Rotlicht-Milieu an der Zürcher Langstrasse. Der Kanton hat nun nicht nur seine Corona-Massnahmen verlängert, sondern auch für das Sexgewerbe die Regeln verschärft. Neu sind «Anbietende von Prostitution verpflichtet, die Kontaktdaten von Freiern zu erheben und zu verifizieren».
«Corona-Fälle im Prostitutionsgewerbe können kaum nachverfolgt werden», sagt Sicherheitsdirektor Mario Fehr (62) zu BLICK. Denn die Kontaktlisten seien nur vereinzelt oder mangelhaft erhoben worden. Wirksames Contact Tracing sei damit nicht mehr möglich. Künftig sind laut dem Zürcher Polizeikommandanten Bruno Keller auch Strafen möglich: Werden die Kontaktdaten nicht erhoben, wird der Anbieter verzeigt, also die Prostituierte oder das Etablissement. Freier werden gebüsst, wenn sie bewusst falsche Daten angeben.
«Diskriminierend und stigmatisierend»
Die Zürcher Fachstelle FIZ Frauenhandel und Frauenmigration, die unter anderem Sexarbeitende berät, kritisiert die neue Praxis scharf. «Mit den neuen Massnahmen drängt der Regierungsrat die Sexarbeitenden gezielt in die Prekarität und allenfalls auch in die Illegalität», sagt Geschäftsführerin Lelia Hunziker. Denn die Kunden würden noch weiter ausbleiben, während die Frauen auf die Einkünfte angewiesen seien.
Die Kontaktdaten der Freier zu erheben sei wichtig, aber diese seien nur bei einer Ansteckung relevant, so Hunziker weiter. Sie stört sich insbesondere daran, dass die Verantwortung für die Kontaktdaten einseitig verteilt ist: Neu müssen Sexarbeitende sowohl den amtlichen Ausweis der Freier kontrollieren wie auch deren Natelnummer verifizieren. Das produziere Rechtsungleichheit, da etwa im Gastrobereich die Kontrollpflicht so nicht gelte. «Sexarbeitende werden damit diskriminiert und stigmatisiert», kritisiert Hunziker.
Das Sexgewerbe sei bislang nicht als besonderer Hotspot aufgefallen – auch beim Fall an der Zürcher Langstrasse sind laut Hunziker nur zwei Personen positiv getestet worden. «Trotzdem macht es den Anschein, dass der Kanton nun repressiver gegen Sexarbeit vorgeht.» Und das sei gefährlich für die Betroffenen, deren Situation sich verschlechtere.