Dass auch 16- und 17-Jährige abstimmen und wählen dürfen, kommt für die Zürcher Stimmbevölkerung nicht infrage. Der Kanton schmettert die vorgeschlagene Verfassungsänderung mit über 64,8 Prozent Nein-Stimmen ab.
Ein unerwartet deutliches Ergebnis. Schliesslich standen alle Parteien ausser der FDP und SVP hinter dem Begehren. Der Kantonsrat hatte mit 95 zu 73 Stimmen Ja zur Stimmrechtsaltersenkung gesagt, und auch die Regierung hatte eine Annahme empfohlen.
Ein Traum platzt
Das klare Zürcher Nein ist nicht nur für die Befürworter in Zürich ein Debakel. Auch auf nationaler Ebene können die Vorkämpfer fürs Stimmrechtsalter 16 ihre Träume nun wohl – zumindest für absehbare Zeit – begraben.
Schliesslich hatte die Forderung vergangenes Jahr schon in Uri an der Urne keine Chance, ebenso wie in Neuenburg 2020 und in Baselland 2018. In letzterem Kanton waren gerade einmal 15 Prozent der Stimmbevölkerung dafür, dass auch 16-Jährige politisch mitbestimmen dürfen. Kommen zig weitere Kantone hinzu, in denen das Parlament die Forderung bachab geschickt hat. Heute können 16- und 17-Jährige einzig und allein im Kanton Glarus auf kantonaler und kommunaler Ebene abstimmen und wählen.
Gegner sind gestärkt
Im Bundeshaus hingegen hatte der Nationalrat vor zwei Jahren überraschend grünes Licht fürs Stimmrechtsalter 16 gegeben – und später auch die zuständige Kommission des Ständerats. Schon ein Jahr später hatte der Wind nach den Schlappen in mehreren Kantonen aber wieder gedreht. Das Nein Zürichs stärkt die Gegner weiter.
Für Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (41), die für die Senkung des Stimmrechtsalters kämpft, sieht es damit sehr düster aus. Die Baslerin ist vom Ergebnis in Zürich ernüchtert – denkt aber längst nicht ans Aufgeben. Arslan vergleicht das Engagement für die Stimmrechtsaltersenkung mit der Einführung des Frauenstimmrechts. Dieses wurde auf nationaler sowie vielfach auch auf kantonaler Ebene erst nach mehreren Anläufen angenommen. «Die Ausweitung der Demokratie ist herausfordernd, aber der Weg lohnt sich. Wir haben einen langen Schnauf», sagt die Nationalrätin.
Zuständig sind die andern
Sie bedauert, dass sich Bund und Kantone in der Frage gegenseitig den Ball zuspielen. Auf Bundesebene wird vom gegnerischen Lager mit dem Nein der Kantone argumentiert, in den Kantonen heisst es jeweils, das sei eine Sache, die man schweizweit regeln müsse. Arslan: «Irgendwann müssen wir den Hebel irgendwo ansetzen und einen Schritt vorwärts machen.»
Nach dem Nein Zürichs ist es unwahrscheinlich, dass die Schweiz bald über die Senkung des Stimmrechtsalters auf nationaler Ebene abstimmen wird. In den Kantonen ist das Thema aber noch nicht gegessen. Bern wird noch dieses Jahr übers Stimmrechtsalter 16 abstimmen, in zahlreichen weiteren Kantonen wie Graubünden, Aargau oder Luzern ist die Forderung hängig. Allzu viel Hoffnung können sich die Jugendlichen dort mit Blick auf das Zürcher Ergebnis allerdings auch nicht machen.