Die Grünen jubelten. Von einem «historischen Erfolg» war die Rede, als die Staatspolitische Kommission des Ständerats Anfang Jahr – wenn auch knapp – grünes Licht gab fürs Stimmrechtsalter 16. Zuvor hatte bereits der Nationalrat überraschend Ja gesagt.
Doch die Freude währt nur kurz. Trotz der Zustimmung von National- und Ständerat will die zuständige Kommission des Nationalrats nun keinen konkreten Vorschlag für eine Verfassungsänderung ausarbeiten – sondern die Vorlage schon wieder abschreiben. Mit Stichentscheid von Kommissionspräsident Andreas Glarner (59, SVP) stellt sie sich quer. Der Entscheid erfolgt zu einem unüblichen Zeitpunkt. Noch hatten die Kantone und Verbände keine Gelegenheit, Stellung zum Vorschlag zu nehmen.
Befürworter sind sauer
Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (41) ist enttäuscht. Sie hat den Vorstoss mit Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien eingereicht. «Die Kommission stellt sich über den Parlamentsauftrag und verweigert die Arbeit. Das ist eine Ohrfeige für alle jungen Menschen, die unser Land mitgestalten wollen», sagt sie. Der Auftrag des Parlaments sei klar. «Doch die Gegner wollen den Entscheid von National- und Ständerat leider nicht akzeptieren.»
An Kommissionspräsident Glarner perlt die Kritik ab. Er hat die Verfassungsänderung bereits vergangenes Jahr, als sie erstmals Thema in der Kommission war, per Stichentscheid abgelehnt. Auch wenn er danach von National- und Ständerat überstimmt wurde, findet er: «Man kann trotzdem Nein sagen.» Seine Meinung sei schliesslich noch immer dieselbe.
Nein der Kantone als Argument
Die Gegnerinnen und Gegner einer Senkung des Stimmrechtsalters argumentieren, dass eine Diskrepanz zwischen aktivem und passivem Stimmrecht entstehen würde. So dürften 16-Jährige dann zwar wählen, könnten aber selbst nicht gewählt werden. Ausserdem hätten mehrere Kantone Initiativen mit der gleichen Forderung bereits abgelehnt. Die Kommission sei deswegen «der Meinung, dass der Trend in den Kantonen mehrheitlich gegen das Stimmrechtsalter 16 sei», so die ungewöhnliche Begründung.
Dieses Argument lässt Arslan nicht gelten. «Die Initiativen wurden unter anderem mit dem Argument abgelehnt, dass es dazu eine nationale Regelung braucht», sagt sie. Genau das hätte man nun ausarbeiten wollen. Jetzt könnten sich interessierte Kreise nicht einmal im Vernehmlassungsverfahren dazu äussern.
Noch bedeutet das aber nicht den Todesstoss fürs Stimmrechtsalter 16. Nach dem Nein der Kommission muss nun noch einmal der gesamte Nationalrat entscheiden. Wenn auch er an seiner ursprünglichen Position festhält, muss die Kommission weiter an der Vorlage arbeiten. Und die Grünen können wieder jubeln.