Zu viele Flieger behalten, Gesetze umflogen
Armee verpulvert Millionen mit alten Tiger-Kampfjets

Bei der anstehenden Ausmusterung der Tiger-Kampfjets soll die Armeespitze nicht nur Steuergelder verschwendet, sondern sich auch über Recht und Gesetz hinweggesetzt haben. Diese happigen Vorwürfe erhebt die Eidgenössische Finanzkontrolle.
Publiziert: 31.03.2022 um 00:15 Uhr
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Aktualisiert: 31.03.2022 um 10:36 Uhr
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Das Kampfflugzeug F-5 Tiger soll bis 2030 ausgemustert und durch den US-Tarnkappenjet F-35 ersetzt werden.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Satte zwei Milliarden Franken mehr wollen bürgerliche Sicherheitspolitiker der Armee zuschanzen, um die Wehrfähigkeit der Schweiz zu erhöhen. Vielleicht ist das ein bisschen vorschnell.

Denn womöglich hätte die Armee noch zusätzliche Ressourcen, wenn sie denn ein bisschen mehr sparen würde. Aber mit dem Sparen hat es die Armee nicht so, wie nun ein Bericht zeigt. Und der kommt nicht von irgendwem, sondern von der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK), deren Aufgabe es ist, der Bundesverwaltung auf die Finger zu schauen.

Beim Ausmustern von Rüstungsgütern soll die Armee viel Geld verpulvern. Es geht um Millionen auf Kosten der Steuerzahler. Der Armeestab halte sich zu wenig an die vorgegebenen Prinzipien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, moniert die EFK. Und nicht nur das: Er setzte sich auch über Recht und Gesetz hinweg, halten die Kontrolleure fest.

Armeespitze zeigt sich grosszügig

Ihre Vorwürfe macht die EFK vorab am Beispiel des Kampfflugzeugs F-5 Tiger fest, das bis 2030 durch den US-Tarnkappenjet F-35 ersetzt werden soll. Um die Kosten in Grenzen zu halten, sollen die ausgemusterten Tiger verkauft werden. Das Finanzhaushaltsgesetz schreibt den Beamten vor, die ihnen anvertrauten Kredite und Vermögenswerte wirtschaftlich und sparsam zu verwenden.

Die Armeespitze scheint das nicht zu kümmern. Statt höchstens zwei Exemplare, wie es das Militärgesetz vorsieht, hat der Armeestab gleich fünf Kampfflugzeuge als «historisches Armeematerial» ausgeliehen.

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Parlament vor vollendete Tatsachen gestellt

Und hat das nicht einmal dem Parlament gesagt: So sei 2014 bei der damals abgelehnten Ausserdienststellung noch die Rede davon gewesen, lediglich drei Tiger als Kulturgut erhalten zu wollen. Vier Jahre später wurde das Parlament mit der Armeebotschaft 2018 darüber informiert, dass bereits vier Jets ausgeliehen worden seien. Und erst 2019 wurde Bundesrätin Viola Amherd (59) darüber orientiert, dass ein fünftes Flugzeug ans Verkehrshaus abgegeben worden sei.

Damit sei nicht nur das Parlament vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die fünfte Leihgabe stehe auch «im Widerspruch zur Botschaft des Bundesrates» und widerspreche sowohl dem Finanzhaushaltsgesetz sowie der Materialverordnung des Verteidigungsdepartements VBS.

Und: Aufgrund des eigenmächtigen Vorgehens werden jetzt nur noch 22 F-5 Tiger an die USA verkauft. Den dadurch entgangenen Verkaufserlös schätzt die EFK auf rund vier Millionen US-Dollar.

Das dürfte aber längst nicht alles sein, vermutet die Finanzkontrolle, «da Leihgaben in der Regel mit hohen Folgekosten einhergehen». Die EFK weist in diesem Zusammenhang auf Demontage, Transport, Wiederaufbau, Raumbedarf, Instandhaltung sowie spätere Aussonderung und Entsorgung hin.

Fazit der Finanzkontrolle: Wirtschaftlichkeit habe für den Armeestab «nicht immer Priorität». Die Finanzkontrolle empfiehlt daher, die internen Vorgaben anzupassen, damit die gesetzlichen Vorgaben künftig auch tatsächlich eingehalten werden. Und: Der Armeestab solle bei den Leihgaben nachträglich nochmals über die Bücher und sie möglichst ebenfalls verkaufen.

Armeestab will von Kritik nichts wissen

Die Kritik prallt am Armeestab jedoch ab. In einer Stellungnahme verweist er darauf, dass vier Flugzeuge in der Armeebotschaft 2018 schliesslich erwähnt worden seien. Sobald die Tiger-Flotte ausser Dienst gestellt wird, soll die Leihgabe ans Verkehrshaus in Luzern allerdings nochmals überprüft werden.

Damit aber gibt sich die EFK nicht zufrieden. Sie bleibt dabei: Das Parlament sei «teilweise zu wenig transparent und verständlich informiert» worden. Und nochmals: Der Armeestab halte sich nicht an rechtliche Vorgaben. So bestehe etwa für die interne Leihgabe an den Flugplatz Emmen gar keine rechtliche Grundlage: «Es fehlt einerseits ein Vertrag, andererseits ist die Luftwaffe keine akkreditierte Sammlungsinstitution.» Die Armeespitze aber scheint das alles nicht zu interessieren.

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