Eine Demonstration ohne Demonstranten: Wegen Corona mussten die Klimastreikenden im Mai 2020 zu Hause bleiben. Der geplante «Strike for Future» fand in Winterthur trotzdem statt – statt mit Menschen allerdings lediglich mit deren Schuhen. Mehrere Hundert Paar Sneakers, Stiefel und Sandalen stellte das lokale Streik-Komitee auf die Strasse, um ein Zeichen zu setzen.
Die Organisatoren hatten im Vorfeld betont, dass ihnen die Einhaltung der Corona-Massnahmen wichtig ist. Dennoch wurden sie für die Schuhdemo gebüsst, wie nun bekannt wird. Insgesamt 3410 Franken Busse müssen die Klima-Demonstranten zahlen, schreiben die Organisatoren.
Sie finden die Strafe absolut unverständlich und haben nun ein Crowdfunding für die Bussen lanciert. Stand Dienstag ist das Geld bereits fast zusammen. Neben den sechs Klimastreikenden wurden auch zwei Personen gebüsst, die laut den Aktivisten spontan dazugestossen und die Aktion mit Musik unterstützt hätten.
Verstoss gegen Corona-Regeln
Blick liegt einer der Strafbefehle gegen die Aktivistinnen und Aktivisten vor. Die Demonstranten haben laut dem Stadtrichteramt demnach gegen das Menschenansammlungs-Verbot verstossen. Zu diesem Zeitpunkt durften sich gemäss Corona-Verordnung nicht mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum versammeln. Zudem wird ihnen angelastet, dass sie die Benützung des öffentlichen Grundes eingeschränkt hätten, ohne dafür vorher eine Bewilligung einzuholen.
Die Bussenhöhe: 200 Franken pro Person. Dazu kommen hohe Verfahrenskosten. Unter anderem verrechnete das Stadtrichteramt auch Kosten für die Fotos, die man von der unbewilligten Schuhdemo gemacht hatte.
«Aktivisten trugen Masken, Polizei nicht»
Die Klimastreikenden werfen der Stadtpolizei ein repressives und unverhältnismässiges Vorgehen vor. Sie betonen auf Blick-Anfrage, dass man sich an die Corona-Regeln gehalten habe. Nur fünf Personen hätten die Schuhe aufgestellt, eine weitere Person sei weiter weg gestanden. «Die Aktivistinnen und Aktivisten trugen Masken und hielten zwei Meter Abstand ein, während die Polizei weder Masken trug noch Abstände einhielt», sagen sie. Auch im Verfahren sei die Polizei «einer klar repressiven Einschüchterungstaktik» gefolgt.
Stadtrichter Alexander de Graaf (54) hält dem Vorwurf der Unverhältnismässigkeit entgegen: «Ich persönlich finde es voll in Ordnung, dass es Klimastreiks gibt. Die Corona-Situation im Mai 2020 hat es aber nicht zugelassen, dass sich mehr als fünf Personen besammeln.» Er argumentiert, dass bei Megafongebrauch und Transparenten durchaus Potenzial bestanden habe, dass mehr Personen zur Demonstration stossen. Deshalb habe die Polizei bereits bei sieben eingegriffen.
Arbeitseinsatz statt Busse wäre möglich
Der Stadtrichter findet zudem, dass man die Busse im Verhältnis sehen müsse: «Es wurden Bussen à je 200 Franken ausgesprochen. Einmal ein Rotlicht überfahren kostet 250 Franken Busse». Die Gebüssten hätten zudem die Möglichkeit, einen Arbeitseinsatz zu leisten, statt die Strafe zu zahlen.
Am selben Tag wie die Aktion in Winterthur fanden in diversen weiteren Schweizer Städten Schuhdemos fürs Klima statt. So beispielsweise auch in Zürich. Gebüsst wurde dort niemand. Die Aktivisten erhielten lediglich Wegweisungen.