So entstand das neue Bundesratsfoto
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Making-of im Video:So entstand das neue Bundesratsfoto

Wer ist hier der Judas?
Bundesratsfoto als letztes Abendmahl

Das Bundesratsfoto 2023 soll zeigen, wie die Landesregierung «trotz unterschiedlicher Standpunkte gut zusammenarbeitet». Es erinnert jedoch an ein Bild mit einer ganz anderen Aussage.
Publiziert: 31.12.2022 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 02.01.2023 um 16:19 Uhr
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Das offizielle Bundesratsfoto 2024. Fotografiert im Bundeshaus Ost. Das Bildkonzept wurde entwickelt von der Fotografin Sina Guntern.
Foto: Fotografin Sina Guntern, Assistenzen und Mithilfe Setentwicklung: Emir Gökhan, Marla Guntern und Bruno Meier, Auf dem Bild: Viktor Rossi; Elisabeth Baume-Schneider; Ignazio Cassis; Karin Keller-Suter; Viola Amherd; Guy Parmelin; Albert Rösti; Beat Jans
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Sermîn FakiPolitikchefin

Ein Tisch vor einer dreiteiligen Fensterfront; sitzende, stehende und gestikulierende Menschen um einen Mann im Zentrum. Diese Beschreibung trifft auf zwei Bilder zu: das letzte Abendmahl von Leonardo Da Vinci – und das Bundesratsfoto 2023.

Gut, auf Da Vincis Meisterwerk sind mehr Menschen, aber sonst gibt es zahlreiche Parallelen. Die Ähnlichkeit der beiden Bilder entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Soll nämlich das Bundesratsfoto laut Bundespräsident Alain Berset (50) zeigen, «dass die Mitglieder des Bundesrats trotz unterschiedlicher Standpunkte gut zusammenarbeiten und sich gemeinsam für die Schweiz einsetzen», zeigt Da Vincis Abendmahl den Moment, als Jesus seinen Jüngern am Abend vor seiner Kreuzigung weissagt: «Einer von euch wird mich verraten.»

Verrat statt Zusammenarbeit

Blickt man auf die letzten Wochen und Monate zurück, ist die Anlehnung – wenn auch unbewusst – nicht schlecht gewählt: Die Stimmung in der Landesregierung sei mies und von Misstrauen geprägt, war zu hören. Auch die Ränkespiele um die Bundesratswahl Anfang Dezember und die Departementsverteilung liessen eher an eiskalte Machtpolitik und Intrigen denken, denn an «gemeinsamen Einsatz für die Schweiz». Gerade Berset kam dabei ziemlich unter die Räder.

Die symbolischen Anspielungen sprechen ebenfalls für eine Verwandtschaft der Bilder. Über die Bedeutung noch der kleinsten Fingerzeige auf Da Vincis Werk wird seit Jahrhunderten gestritten, doch auch das Bundesratsfoto des Waadtländer Fotografen Matthieu Gafsou strotzt nur so vor Symbolik.

Kompass und Verfassung

Auf dem Bild, das im Bernerhof gemacht wurde, dem «Zuhause» der neuen Finanzministerin und starken Frau in der Regierung, Karin Keller-Sutter (59), bilden die sieben Mitglieder des Bundesrats und Bundeskanzler Walter Thurnherr (59) zwar ein Kollegium, interagieren aber auch in kleinen Gruppen.

Die Landschaft im Hintergrund soll laut der Medienmitteilung die Aussenwelt symbolisieren und «das Handeln des Bundesrates mit dem des Volkes». Auf dem Tisch liegen ein Kompass, eine Schweizerkarte und eine gebundene Ausgabe der Bundesverfassung – durchaus symbolisch. 2023 feiert die Verfassung ihr 175-jähriges Bestehen. Auf den Papierseiten, die durch den Raum fliegen, steht ein Gedicht von Charles-Ferdinand Ramuz. Sie sollen für das Chaos und die Spannungen in der Welt stehen.

Strebsame Schülerin, starker Mann

Erstmals sind auch die beiden neuen Bundesräte auf dem offiziellen Foto der Landesregierung abgebildet – und die Symbolik ist wenig schmeichelhaft, zumindest für SP-Frau Elisabeth Baume-Schneider (58): Während sie sich wie eine neue Schülerin fleissig Notizen macht, ist SVP-Mann Albert Rösti (55) schon voll integriert.

Starke Persönlichkeit auf dem Bild ist allerdings Verteidigungsministerin Viola Amherd (60). Sie stützt die Hände auf den Tisch, das Leder-Revers ihres Sakkos unterstreicht die Herrscherinnenrolle. Selbst Bundespräsident Berset, an dessen Stelle in Da Vincis Gemälde Jesus sitzt, schaut zu seiner Vize auf.

Und sogar die Tatsache, dass Wassergläser in Kelchform auf dem Tisch stehen, kann man als Anlehnung an die biblische Geschichte verstehen. Die grosse Frage, die das Foto aufwirft: Wer von den Bundesräten ist Verräter Judas?

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