Es wird die wichtigste Abstimmung im ganzen Jahr. Voraussichtlich am 13. Juni 2021 kommt das neue CO2-Gesetz vors Volk. Die Gegner – eine bunte Truppe aus Erdöllobbyisten, Autoimporteuren und SVP – werden ihr Referendum am 12. Januar mit deutlich mehr als den 50'000 benötigten Unterschriften einreichen. Schon jetzt ist klar, dass sie mit einem Millionenbudget gegen die Vorlage antreten werden.
Doch auch die Befürworter rüsten sich bereits zu Kampf. Eine entscheidende Rolle kommt dabei der FDP zu, die innert kürzester Zeit einen Öko-Wandel durchgemacht hat. Noch 2018 half die Partei mit, das CO2-Gesetz derart zu verwässern, dass es im Nationalrat abstürzte. Was die politische Klimadebatte massiv aufheizte. FDP-Chefin Petra Gössi (44) leitete daraufhin eine spektakuläre Trendwende ein, trimmte ihre Partei mit expliziter Zustimmung ihrer Basis auf einen grüneren Kurs und prägte das neue Gesetz entscheidend mit.
Vor allem im Ständerat haben die freisinnigen Politiker die Grundlage für die jetzige Vorlage gelegt: «Wir haben konstruktiv miteinander gefeilscht», sagt der Luzerner Ständerat Damian Müller (36) zu BLICK. «Auch mir passt nicht jeder einzelne Punkt, aber wir haben einen guten Mittelweg gefunden.»
«Gegner malen Teufel an die Wand»
Schon im Oktober hat die FDP als erste Partei die Ja-Parole gefasst – überraschend deutlich mit 218 zu 60 Stimmen. Ein klares Signal. Nun will die FDP auch im Abstimmungskampf den Ton angeben. Müller ist bereits daran, ein überparteiliches Ja-Komitee auf die Beine zu stellen – mit Bundes- und Kantonsparlamentariern aus FDP, SP, Mitte, GLP und Grünen. Aber auch einige SVP-Exponenten will er für die Allianz gewinnen.
«Mit einem breit aufgestellten Co-Präsidium wollen wir zeigen, dass es sich um einen ausgefeilten Kompromiss handelt», so Müller. Mit seinem Komitee will er insbesondere auch Aufklärungsarbeit leisten, was die Kosten betrifft. «Die Gegner malen den Teufel an die Wand mit Zahlen, die jenseits von Gut und Böse sind. Wir werden diese Zahlen mit seriösen Berechnungen widerlegen.»
Kampf auf verschiedenen Schlachtfeldern
Die Befürworter werden ihren Abstimmungskampf auf verschiedenen Schlachtfeldern führen, um den Sieg davonzutragen. So wird auch ein starkes Wirtschaftskomitee mit Verbänden und Unternehmen mitmischen. Darin vertreten sind etwa Gebäudetechniker, die Solarbranche oder Holzbau Schweiz. Aber auch die Bankiervereinigung, der Versicherungsverband oder Bauenschweiz.
Die Koordination übernimmt dabei die AEE Suisse, die Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. «Wir werden eine starke und sichtbare Kampagne für das CO2-Gesetz führen», verspricht AEE-Geschäftsführer Stefan Batzli. «Klimaschutz hat eine enorme Akzeptanz in der Bevölkerung und lohnt sich auch wirtschaftlich.» Mit dem neuen Gesetz würden verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen und Investitionen in der Schweiz angestossen. «Anstatt dass jedes Jahr Milliarden für Öl und Gas ins Ausland fliessen, bleibt dieses Geld für eine nachhaltige Energie-Infrastruktur in der Schweiz.»
Neben Politik und Wirtschaft wird in der Pro-Koalition ein dritter Player eine wichtige Rolle spielen: In der Klima-Allianz sind über 90 Organisationen der Zivilgesellschaft zusammengeschlossen. «Wir werden uns im Abstimmungskampf entschieden für die Ziele des Pariser Klimaabkommens engagieren», sagt Geschäftsleiter Christian Lüthi. «Das CO2-Gesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung und damit eine wichtige Weichenstellung für einen effektiveren Klimaschutz.»
Es dürfte teuer werden
Damit zeichnet sich eine ähnliche Ausgangslage wie 2017 bei der Abstimmung über die Energiestrategie 2050 ab. Diese konnten die Klimaschützer mit 58,2 Prozent Ja-Anteil für sich entscheiden.
Ob das Verdikt auch diesmal so klar ausfällt? FDP-Ständerat Müller ist zuversichtlich. Er rechnet zwar damit, dass im Abstimmungskampf viel Geld mit im Spiel sein wird, insbesondere seitens der Erdöllobby. «Die Schweizer lassen sich aber nicht kaufen», ist Müller überzeugt. «Die Vorlage fusst nicht auf Verboten, sondern auf dem Verursacherprinzip, setzt auf neue Technologien, stärkt die Innovation und schafft unserem Gewerbe Perspektiven und neue Arbeitsplätze – das leuchtet der Bevölkerung ein.»