Weil sie trotz Baby Politik machte
GLP-Bertschy wird Mutterschaftsgeld gestrichen

Alliance-F-Präsidentin und Nationalrätin Kathrin Bertschy zieht für die Frauen vors oberste Gericht. Sie wehrt sich gegen die Diskriminierung frischgebackener Mütter, die ihr politisches Amt ausführen möchten.
Publiziert: 04.08.2021 um 11:02 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2021 um 11:10 Uhr
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Aliance-F-Co-Präsidentin Kathrin Bertschy zieht vors höchste Gericht.
Foto: Peter Mosimann

Darf eine gewählte Politikerin und frischgebackene Mutter ihr Amt noch ausführen? Natürlich, die Zeiten, in denen eine Frau nach der Geburt eines Kindes nur noch zuhause das Baby betreut, kocht und putzt, sind doch vorbei!

Wirklich? Geht es nach der Ausgleichskasse hätte die Berner GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy (42) ihre Pflicht im Parlament nicht erfüllen dürfen. Egal, ob Wählerinnen und Wählern der Grünliberalen den Auftrag gegeben haben, sich im Nationalrat einzusetzen oder nicht.

Amtspflichten wahrnahemen

Bertschy wurde im Dezember 2018 Mutter. Sie nahm die Mutterschaftsentschädigung in Anspruch, auf die Frauen während maximal 14 Wochen nach der Geburt eines Kindes Anrecht haben.

Sie liess es sich aber nicht nehmen, ihren Pflichten als Nationalrätin nachzugehen. Wie die Tamedia-Zeitungen schreiben, hat sie im Februar 2019 an einer Kommissionssitzung und in der Frühjahrssession 2019 an Abstimmungen im Rat teilgenommen.

Für die Ausgleichskasse war klar, sie hat den Mutterschaftsurlaub abgebrochen. Die Kasse brach die Mutterschaftsentschädigung für Bertschys Hauptberuf ab.

Diskriminierend

Dagegen wehrt sich die Nationalrätin nun. Der Alliance-F-Co-Präsidentin geht es nicht primär ums Geld, sondern ums Prinzip. «Ist es rechtlich zulässig, dass eine Parlamentarierin ihren Auftrag, den sie von der Wählerschaft erhalten hat, während der Mutterschaft nicht mehr ausüben darf?», lässt sie sich im Artikel zitieren. Bertschy macht eine unzulässige Diskriminierung aus.

Um diese zu beseitigen, ist Bertschy vors bernische Verwaltungsgericht gezogen, vor dem sie im Juli aber eine Niederlage einsteckte. Mit dieser hatte die Bernerin gerechnet. Sie zieht den Fall ans Bundesgericht weiter.

Denn so wie das Recht derzeit ausgelegt wird, dürfe eine Mutter ihr politisches Recht nicht mehr wahrnehmen, sobald sie ein Kind bekommt. «Sie wird als Bürgerin faktisch entmündigt», findet Bertschy.

Für sie kann es nicht sein, dass eine Abgeordnete finanzielle Nachteile erleidet, wenn sie bei einer wichtigen Abstimmung den Knopf drückt. Deshalb will Bertschy vom höchsten Gericht einen Grundsatzentscheid herbeiführen.

Auch Basel-Stadt will Änderung

Die GLP-Politikerin steht mit ihrer Haltung nicht allein. Der Kanton Basel-Stadt hat im April 2021 eine Standesinitiative eingereicht, um die Bundesgesetzgebung so anzupassen, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes ihr Parlamentsmandat weiterhin wahrnehmen können, ohne dadurch den Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung zu verlieren. Die Begründung dazu lautet laut dem Tamedia-Bericht, die jetzige Regelung sei «demokratiepolitisch höchst problematisch».

Selbst wenn Bertschy auch vor dem höchsten Gericht eine Niederlage erleiden würde, ist das Thema damit nicht gegessen. Das Parlament wird über diesen Punkt der Mutterschaftsversicherung debattieren. Gut möglich, dass der Gesetzgeber die Regelung zugunsten der politisierenden Frauen ändert. Vielleicht nicht im ersten Anlauf, aber Politik ist bekanntlich das Bohren dicker Bretter. (pt)

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