Die Szene von der Frauen-Demo Mitte Juni in Zürich schockiert: Aufnahmen zeigen, wie ein Zürcher Polizist eine Demonstrantin der Frauen-Demo an den Haaren reisst. Danach setzen die Einsatzkräfte Pfefferspray gegen die Teilnehmenden der Demo ein.
Ein paar Wochen später, Anfang Juni, ebenfalls in Zürich: Jemand filmt einen Polizeieinsatz, bei dem drei Polizisten einen Buben in Handschellen auf den Boden legen.
Beide Vorfälle wurden gefilmt und in den Sozialen Medien verbreitet. In beiden Fällen wurde Kritik laut. Der Vorwurf: Die Polizei habe ein Gewaltproblem.
Polizei fühlt sich bedroht
Viele Polizistinnen und Polizisten fühlen sich durch solche Videos allerdings zu Unrecht an den Pranger gestellt, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Sie kritisieren: Die Aufnahmen seien selektiv ausgewählt und zeigten ein falsches Bild ihres Berufsstandes. Die wahren Opfer seien ihre Mitarbeitenden, kontern die Polizeien. Denn sie würden bedroht von Gaffern, Aktivisten und den Medien. Nun wollen sie sich wehren.
«Viele Polizistinnen und Polizisten fühlen sich zunehmend als ‹Prügelknaben› der Nation und zum Teil auch von der Politik im Stich gelassen», sagt Johanna Bundi Ryser, Präsidentin des nationalen Verbands der Polizeibeamten.
Der Polizeibeamten-Verband Basel-Stadt etwa will darum das Filmen von Polizeiaktionen gar verbieten lassen. «Wenn das Vorgehen der Polizei jedes Mal derart krass verfälscht wird, darf ein Videoverbot bei Polizeieinsätzen kein Tabu mehr sein», lässt sich Vizepräsident Harald Zsedényi im Artikel zitieren. Die Basler wollen im nationalen Verband für ein Filmverbot starkmachen.
Politisch auch auf nationaler Ebene bald Thema
Diese Forderung soll nun auch im Parlament auf nationaler Ebene diskutiert werden. Der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (59) hat angekündigt, im Herbst einen entsprechenden Vorstoss einreichen zu wollen.
Unterstützung soll er dabei von der Luzerner Mitte-Nationalrätin Ida Glanzmann (64) erhalten. Sie fordert, dass Gaffer oder Personen, die solche Videos in Umlauf bringen, künftig mit Bussen bestraft werden sollen. Ein Filmverbot würde sie begrüssen, zweifelt aber daran, dass ein solches entsprechend umgesetzt werden könne.
Für die Aargauer FDP-Nationalrätin Maja Riniker (45) ist hingegen klar: «Ein Filmverbot ist nicht durchsetzbar.» Laut «NZZ am Sonntag» wäre sie viel eher dafür, dass Polizistinnen und Polizisten Körperkameras – sogenannte Bodycams – einsetzten. Damit könnte die Polizei den Videos im Internet ihre eigenen, vollständigen Aufnahmen gegenüberstellen.
Auch für die Jungsozialistinnen und -sozialisten (Juso) kommt ein Filmverbot nicht infrage. Am Sonntag verkündeten sie auf Twitter: «Geht‘s noch? Es braucht unabhängige Ombudsstellen für Betroffene statt einen Freischein für Polizeigewalt ohne Konsequenzen!» (oco)