Er hat ein Loch im Schädel, aus dem Blut austritt. Das Foto, das der Genfer Kantonsrat Jean Burgermeister Blick am Freitag veröffentlichte, ist schockierend. Am Vortag hatte sich der Politiker der linken Vereinigung Ensemble à Gauche im Genfer Stadtteil Pâquis vor einem besetzten Haus aufgehalten, das die Polizei gerade räumte.
Dann sollen die Dinge aus dem Ruder gelaufen sein, wie Burgermeister Blick erzählt. «Ich kam von der Arbeit und traf gegen 13.30 Uhr vor dem Gebäude ein. Ich wollte an die Unterstützungsversammlung, die für die Besetzerinnen und Besetzer organisiert worden war. Die Stimmung war gut.»
Auch ein Fotograf wurde angegriffen
Durch das Eintreffen der Polizei sei die Stimmung jedoch gekippt. «Die Beamten drängten die Leute zurück», so Burgermeister. «Ich ging auf sie zu, um mit ihnen zu sprechen und sagte ihnen, dass ich Kantonsrat sei und für den Staatsrat kandidiere.» So habe er ein Gespräch beginnen und eine Eskalation vermeiden wollen. «Sie reagierten sofort mit Schreien und Schlagstöcken», so Burgermeister. «Ich wurde mehrmals auf den Kopf, den Rücken, die Arme und die Beine geschlagen.»
Beim Einsatz sei auch ein Pressefotograf angegriffen worden, so der Politiker. Die Polizei habe den Dialog verweigert und die Unterstützer der Hausbesetzer weiter die Strasse herab gedrängt. Auch dann, mehrere Dutzend Meter vom Ort der Besetzung, hätten die Polizisten nochmals mit einem Schlagstock auf seinen Kopf geschlagen. «Es gibt keinen Sicherheitsgrund, der diese Reaktion rechtfertigt. Ich frage mich, welche Anweisungen die Regierung gegeben hat. Hat der Staatsrat die Anwendung von Gewalt angeordnet?»
Burgermeister prüft Anzeige
Die Personen, die an der Demonstration teilnahmen, stellten laut Burgermeister keine Gefahr dar für die öffentliche Ordnung. Und er fügt hinzu: «Die Schnelligkeit und Brutalität, mit der der Staatsrat diese Räumung durchführte, steht in krassem Gegensatz zur Situation dieses Gebäudes, das seit zwei Jahren verrottet, während die Behörden eher durch Laissez-faire gegenüber den Immobilienspekulanten auffallen.»
Burgermeister überlegt sich nun, Anzeige gegen die Polizei einzureichen. Er habe viele Unterstützungsnachrichten erhalten. Die Kantonsregierung hingegen habe sich nicht beim ihm gemeldet. «Mehrere Personen haben mir gesagt, dass auch sie Schläge erhalten haben und über eine Sammelklage nachdenken. Wir werden sehen.»
Vorfall soll untersucht werden
Die Polizei teilt auf Anfrage mit, dass bereits eine Untersuchung eingeleitet worden sei, um Licht in die Angelegenheit zu bringen. Sprecher Alexandre Brahier: «Soweit ich weiss, wurden Vorladungen ausgesprochen. Sie waren an alle Seiten gerichtet.»
Der für Sicherheit zuständige Staatsrat Mauro Poggia (63, MCG), reagiert brüsk: «Erstens hat Herr Burgermeister keine Fragen zu stellen. Zweitens habe ich der Polizei keine Anweisungen gegeben – und die Polizei braucht sie auch nicht, um das Gesetz durchzusetzen. Unabhängig davon, ob ein Kantonsrat vor Ort ist oder nicht, müssen die Ordnungskräfte handeln, wenn Vermummte eine illegale Handlung begehen.»