Es sind eigentlich erfreuliche Nachrichten: Die Arbeitslosigkeit in der Schweiz ist rekordtief. Im September fiel die Arbeitslosenquote unter die Marke von zwei Prozent. Das war vor über 20 Jahren letztmals der Fall.
So vermeldete etwa der Kanton St. Gallen kürzlich, dass die Anzahl Stellensuchender Ende September im Vergleich zum Vorjahr um 27,5 Prozent oder 3214 Personen abgenommen habe. «Die Zahl der Stellensuchenden liegt so tief wie nie in den letzten zehn Jahren», heisst es bei der zuständigen St. Galler Behörde. Auch in Zürich lag die Arbeitslosenquote Ende September bei 1,6 Prozent, dem tiefsten Wert seit über 20 Jahren. In Bern lag sie bei 1,4 Prozent. Ende September waren bei den regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) noch 89'526 Menschen als arbeitslos gemeldet.
60 Stellen in Bern werden eingespart
Doch die tiefen Zahlen führen nun ausgerechnet zu Kündigungen und Stellenabbau bei den RAV selber. So heisst es etwa beim Kanton Bern auf Anfrage: «Der erfreuliche Rückgang bei den stellensuchenden Personen in den RAV-Zentren hat einen direkten Einfluss auf die Anzahl unserer Personalberaterinnen und Personalberater.» Konkret bedeutet dies, dass der Kanton im kommenden Jahr dort 60 Vollzeitstellen abbaut. Das bestätigt eine Sprecherin des Amts für Arbeitslosenversicherung Bern gegenüber Blick.
Von den betroffenen Stellen werden in einem ersten Schritt gekündigte Stellen und Personen, welche sich pensionieren lassen, abgezogen. Diese werden nicht mehr ersetzt. Der restliche Abbau werde über Stellenaufhebungen erfolgen.
In St. Gallen kommt man vorerst noch ohne Kündigungen aus. Doch Personalberaterinnen und -berater, die ihre Stelle kündigen, werden auch hier nicht mehr ersetzt, sagt Karin Jung, Leiterin des Amts für Wirtschaft und Arbeit gegenüber dem «Tagblatt». So hofft man, Kündigungsschreiben vermeiden zu können. Auch beim Kanton Zürich heisst es auf Anfrage, man werde die nötigen Stellen rechtzeitig über die natürliche Fluktuation abbauen.
RAV setzen auf befristete Mitarbeiter
Die Kantone werden für die Eingliederung von Stellensuchenden in den Arbeitsmarkt vom Bund vergütet. Diese Abgeltung ist aber abhängig von der Zahl und Quote der bei den RAV gemeldeten Stellensuchenden. Das bedeutet konkret: «Bei steigender Arbeitslosigkeit stellen wir zusätzliches Personal an, bei sinkenden Stellensuchendenzahlen müssen wir umgekehrt unser Personal reduzieren», sagt Jonas Motschi, Chef des Solothurner Amt für Wirtschaft und Arbeit.
Deshalb beobachte er laufend den aktuellen Verlauf der Arbeitslosenzahlen sowie die mittelfristigen Prognosen. Sowohl die Anstellung von zusätzlichem Personal als auch die Reduktion von Stellen sei nicht einfach. «Im ersten Fall sind wir darauf angewiesen, dass die entsprechenden Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Im zweiten Fall müssen wir schauen, wie wir uns von Leuten trennen können.» Deshalb arbeite man auch mit befristeten Anstellungsverträgen oder ersetze Abgänge nicht, wenn man in einer «Abbauphase» sei.