Schon nach vier Jahren hat sie genug: Sarah Akanji (29), Hoffnungsträgerin der Zürcher SP, hat angekündigt, bei den Wahlen im kommenden Frühling nicht wieder für den Kantonsrat zu kandidieren. Ein Grund dafür: rassistische und sexistische Angriffe. Sie sei in E-Mails, Briefen und Onlinekommentaren wiederholt diffamiert worden. Dabei sei es nicht um ihre politische Arbeit, sondern um ihre Person gegangen.
«Als Person of Color bin ich ohnehin schon vermehrt solchen Angriffen ausgesetzt, und aufgrund meines Kantonsratsmandats hat sich die Situation nun zugespitzt», sagte sie dem «Tages-Anzeiger». Nun ziehe sie eine Grenze und verzichte, zumindest vorläufig, auf ein politisches Amt.
Viele Politikerinnen kennen solche Angriffe
Die Winterthurerin ist kein Einzelfall. Viele Frauen, die sich öffentlich exponieren, sind mit verbalen Angriffen und Drohungen konfrontiert. So etwa die grüne Nationalrätin Meret Schneider (30), die aufgrund ihres geringen Gewichts immer wieder beleidigt wird.
Sie wehrt sich dagegen. Vor ihrem Auftritt in der SRF-«Arena» zur Initiative gegen Massentierhaltung twitterte sie: «Liebe Haters! Hate bezüglich Aussehen und Bodyshaming gern jetzt schon an mich, damit wir nach der Debatte inhaltlich diskutieren können – auch Online.»
Was denn auch prompt passierte, wie ein weiterer Tweet belegt: «Ich twittere scherzhaft – und die Leute machen es tatsächlich.»
Akanji fordert besseren Schutz
Auch andere – besonders linke und junge – Politikerinnen erleben täglich solche Anfeindungen. SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (32) stand lange im Fokus, ebenso ihre Basler Parteikollegin Samira Marti (28). Doch auch bürgerliche Frauen wie die heutige Zürcher Regierungsrätin Natalie Rickli (45) können ein Lied davon singen. «Es gibt im Internet unanständige Leute, und zwar auf allen politischen Seiten», sagte sie einst gegenüber Blick.
Akanji fordert daher, dass die Politik Instrumente entwickle, «damit Menschen, die politisch tätig sind, besser geschützt sind. Sonst führt das dazu, dass sich gerade politisch untervertretene und deshalb stärker exponierte Menschen – zum Beispiel Frauen oder Menschen mit Migrationsbiografie – nicht mehr engagieren.» Es dürfe nicht sein, dass diese persönliche Angriffe in Kauf nehmen müssen, so die Fussballerin und Schwester von Nati-Spieler Manuel Akanji.
Sie werde sich – künftig eben ausserhalb des Parlaments – weiterhin für Gleichstellung und gegen Rassismus einsetzen und sich für Frauenfussball starkmachen. (sf)