Mehrere Rechtshilfegesuche aus Kiew sind in Bern eingegangen
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Werden zurzeit geprüft:In Bern sind mehrere Rechtshilfegesuche aus Kiew eingegangen

Wegen Kriegsverbrechen
Ukraine bittet die Schweiz um Hilfe

In Bern sind mehrere Rechtshilfeersuchen aus Kiew eingegangen. Die Schweiz soll die Ukraine bei Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen unterstützen.
Publiziert: 17.07.2022 um 09:04 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2022 um 11:17 Uhr
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Kiew hat mehrere Rechtshilfeersuchen an Bern gestellt.
Foto: Future Publishing via Getty Images
Fabian Eberhard

Putins Truppen hinterlassen in der Ukraine Spuren des Grauens: Massengräber, vergewaltigte Frauen, von Folter gezeichnete Zivilisten – Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Kriegsverbrechen.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Kiew untersucht mehr als 15'000 mutmassliche Verstösse gegen das Völkerstrafrecht, alle begangen seit dem 24. Februar. Dem Tag, an dem Russland die Ukraine überfallen hat.

Nun bittet die Ukraine die Schweiz um Hilfe. Beim Bundesamt für Justiz in Bern liegen mehrere Rechtshilfeersuchen auf dem Tisch. Darin bittet das Land die Schweiz offiziell um Unterstützung bei Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen. Sprecher Raphael Frei bestätigt: «Es sind Rechtshilfeersuchen aus der Ukraine eingegangen. Diese werden zurzeit geprüft.»

Zum genauen Inhalt der Gesuche macht der Bund keine Angaben. Wahrscheinlich ist, dass Kiew von Bern verlangt, in die Schweiz geflüchtete Zeuginnen und Zeugen von Kriegsverbrechen zu befragen.

Schweiz ist nicht untätig

Möglich ist aber auch, dass die Ukraine Informationen besitzt, wonach mutmassliche Täter sich in der Schweiz aufhalten. Dann könnte die Bundesanwaltschaft ein eigenes Strafverfahren wegen Völkerrechtsverbrechen eröffnen. Bisher läuft jedoch kein solches Verfahren.

Die Schweiz ist aber nicht untätig. Wie SonntagsBlick Mitte Juni publik machte, hat das Bundesamt für Polizei mittlerweile potenzielle Zeuginnen und Zeugen in der Schweiz befragt.

Bei den vernommenen Personen handelt es sich um Geflüchtete aus der Ukraine, die sich mit Informationen über mutmassliche Kriegsverbrechen an den Bund gewandt haben. Das Fedpol hat online dafür ein Meldeformular für Kriegsvertriebene aufgeschaltet.

Koordiniert werden die Bemühungen in der Schweiz von einer Taskforce unter der Leitung von Bundesanwalt Stefan Blättler. Mit beteiligt ist auch das Staatssekretariat für Migration. Gemeinsames Ziel ist es, Beweise frühzeitig zu sichern, um rasch auf Rechtshilfeersuchen reagieren zu können.

Gräueltaten einen die Nationen

Dabei arbeitet die Schweiz eng mit ausländischen Partnern zusammen, insbesondere mit einer von der EU-Agentur Eurojust eingerichteten Ermittlungsgruppe, der neben verschiedenen Ländern auch der Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (NL) angehört.

Bereits Mitte Mai reiste Bundesanwalt Blättler nach Den Haag und traf dort den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan.

Selten war Europa derart entschlossen, Kriegsverbrechen rigoros aufzuklären. Butscha, Irpin, Borodjanka – die Berichte über Gräueltaten von Putins Truppen haben die oft zerstrittenen Nationen offenbar geeint.

Klar ist aber auch: Die internationalen Anstrengungen im Kampf gegen die Völkerrechtsverstösse in der Ukraine werden viel Zeit brauchen. Die Suche nach Beweisen gestaltet sich schwierig, die Identifikation von Tätern könnte Jahre dauern.

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