Der Nationalrat hat am Donnerstag eine Motion der Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (58) mit dieser Forderung mit 109 zu 72 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen. Sie hatte den Vorstoss im vergangenen Herbst eingereicht, als alle von einer möglichen Strommangellage sprachen.
Während einer Energiemangellage könne es für Unternehmen nötig sein, die Arbeiten dann zu erledigen, wenn sonst kein grosser Energieverbrauch vorhanden ist, schrieb Gmür-Schönenberger im Motionstext. Insofern könne ein Strommangel ein «dringendes Bedürfnis» für Nacht- oder Sonntagsarbeit darstellen.
Laut der Verordnung zum Arbeitsgesetz ist ein solches dringendes Bedürfnis eine Voraussetzung für Nacht- und Sonntagsarbeit. Der Ständerat hatte dem Vorstoss schon im Dezember zugestimmt.
Problem lösen, das gar nicht existiere
Der Bundesrat und eine Minderheit in den beiden Räten waren gegen die Flexibilisierung des Gesetzes. Im Nationalrat sagte SP-Minderheitssprecher Cédric Wermuth (37), die Änderung der Verordnung zum Arbeitsgesetz sei gar nicht nötig.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schreibe in einer neuen Wegleitung zur Anwendung der Verordnung, als «dringliche Bedürfnisse» gelte eine Energiemangellage. Im Moment, als die Motion eingereicht wurde, habe es diese Neuerung in der Wegleitung noch nicht gegeben. Jetzt aber wolle die Motionärin ein Problem lösen, das gar nicht existiere.
Mehr zur Energiekrise
Ein Ja zum Vorstoss wäre auch ein Misstrauensantrag an die Sozialpartnerschaft, sagte der Co-Präsident der SP Schweiz. Auf die geänderte Seco-Wegleitung wies auch Bundesrat Guy Parmelin (63) hin. Die Bundesverwaltung habe also das Anliegen der Wirtschaft rasch aufgenommen. Es sei erfüllt.
Firmen hätten schon grossen Spielraum
In ihrer Antwort auf die Motion hatte die Landesregierung auch aufgeführt, das Arbeitsgesetz gebe den Betrieben bereits heute einen grossen Spielraum. Von Montag bis Samstag könnten die Unternehmen zwischen 6 und 23 Uhr bewilligungsfrei arbeiten. Wenn es darüber hinausgehende Anpassungen der Arbeitsorganisation brauche, könnten die Kantone Ausnahmen bewilligen.
Der Strom könne auch nur in Teilen der Schweiz ausfallen, sagte Parmelin im Dezember im Ständerat. Deshalb sei es richtig, dass die Kompetenz zur Regelung der Arbeitszeit bei den Kantonen liege. Die nötige Flexibilität sei damit gegeben.
Für nächsten Winter vorsorgen
Eine Mehrheit der vorberatenden Kommission im Nationalrat war aber laut FDP-Sprecherin Petra Gössi (47) der Meinung, es brauche die Verordnungsänderung mit Blick auf den kommenden Winter. Im laufenden Winter brauche es diese Flexibilisierung nicht mehr, doch es gelte vorzusorgen. Eine Mehrheit des Rats folgte dieser Auffassung.
Zum Argument von Bundesrat Parmelin im Ständerat hatte Motionärin Gmür-Schönenberger gesagt, die Corona-Krise habe gezeigt, dass es in der Schweiz zu unerwünschten Flickenteppichen kommen könne. Dass die Kantone diesbezüglich individuell entscheiden könnten, sei in diesem Fall nicht empfehlenswert.
Ihr sei der Sonntag heilig. Es gehe aber darum, für Unternehmen Planungssicherheit zu schaffen und Arbeitsplätze zu sichern. (SDA)