«Mr. President, die Welt wartet, von Ihnen zu hören.» Mit diesen Worten übergab WEF-Gründer Klaus Schwab (84) vergangenes Jahr das Wort an das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin (69). Knapp vierzig Minuten dauerte die Ansprache Putins am Weltwirtschaftsforum, das vergangenes Jahr wegen Corona nur virtuell stattfand.
Dieses Jahr hat Russland in Davos nichts zu sagen. Sanktionierte Russen sind im Zuge des Ukraine-Kriegs ausgeladen worden – sie hätten wegen der Sanktionen sowieso nicht in die Schweiz reisen können. Doch das ist nicht alles, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Zum erstem Mal seit der Ära Gorbatschow werde es am WEF, das dieses Jahr – wieder wegen Corona – vom 22. bis 26. Mai stattfindet, wohl überhaupt keine russische WEF-Beteiligung geben.
Von der Partner-Liste verschwunden
Das «Russia House» – das russische Pendant zum «House of Switzerland» – wird es dieses Jahr nicht geben. Die russische Stiftung Roscongress hatte im Haus an prominenter Lage jeweils zu Veranstaltungen geladen. Dieses Jahr werde wohl niemand aus Russland anreisen, sagt eine russische Geschäftsfrau gegenüber der «NZZ am Sonntag».
Ausserdem hat das WEF die beiden russischen Banken Sberbank und VTB sowie den russischen Energiekonzern Gazprom von der Liste der «strategischen Partner» gelöscht. Vor Kriegsausbruch waren die Firmen dort noch gelistet. Als strategische Partner haben sie einem Insider zufolge dem WEF jährlich rund 600'000 Franken gezahlt und im Gegenzug das Programm mitgestalten können. Heute fliesse kein russisches Geld mehr nach Davos, betont ein WEF-Sprecher.
Das WEF verwischt aber auch frühere Kooperationen, wie die Zeitung schreibt. 2018 hat das WEF gemeinsam mit der Sberbank ein «Centre for Cybersecurity» gegründet. Heute sei die russische Bank nicht einmal mehr als Gründungspartner aufgeführt.
Stammgäste am WEF
Dabei verbindet WEF-Gründer Klaus Schwab eine langjährige Freundschaft mit Putin. Sie kennen sich seit den 90er-Jahren. Putin und sein Vorgänger im Präsidentenamt, Dmitri Medwedew (56), haben laut dem Magazin «Politico» zwischen 2007 und 2021 fünf Ansprachen am WEF gehalten. Putin sei sogar 2015 für eine Ansprache angefragt worden – ein Jahr nach der Invasion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland.
Aber auch abseits des offiziellen WEF-Programms gaben die Russen jeweils Anlass zu Gesprächsstoff. Berühmt-berüchtigt waren in der Vergangenheit die russischen Partys am WEF. An der «Kosaken-Nacht» des russischen Oligarch Oleg Deripaska (54) gabs Kaviar und Blini und laut «Zeit» den «höchsten Anteil junger Mädchen ohne offiziellen WEF-Badge». Wegen Sanktionen gegen ihn und weitere Oligarchen war mit dem feuchtfröhlichen Festen für die Russen aber bereits vor einigen Jahren Schluss. (lha)