Die gute Nachricht: Mit dem Nein zur Prämienentlastungs-Initiative müssen wir vorerst keine zusätzliche Steuererhöhung befürchten. Die Deckelung der Krankenkassenprämie auf zehn Prozent des Einkommens hätte die Staatskasse jährlich mit mehreren Milliarden Franken belastet. 55 Prozent des Stimmvolks lehnten die SP-Vorlage ab. Zu viele zweifelten offenbar daran, dass sich die Situation für sie unter dem Strich verbessern würde.
Die schlechte Nachricht: Die Krankenkassenprämien werden weiter steigen (nächstes Jahr voraussichtlich um sechs Prozent im Schnitt) und so auf diesem Weg ein grösseres Loch in unser Portemonnaie fressen. Ein Ende des Kostenwachstums im Gesundheitswesen ist jedenfalls nicht in Sicht.
Die Kostenbremse-Initiative der Mitte wollte genau das verhindern. Doch die Stimmbürger trauten der Sache nicht (63 Prozent Nein-Stimmen). Die Folgen wären zu unberechenbar, die Angst vor Leistungseinbussen zu gross.
Mehr zu den Gesundheits-Intitiativen
Die Ablehnung der beiden Initiativen hat zwar kein neues Problem geschaffen, aber auch keines gelöst. Der Druck auf kleinere und mittlere Einkommen wird weiter zunehmen. Steigt auch der Druck auf Politik und die Gesundheitsbranche, endlich zu handeln?
Was sich konkret ändern müsste im Gesundheitswesen
Von den Anbietern im Gesundheitswesen ist kaum etwas zu erwarten. Es geht um zu viel Geld, zu viele verdienen daran. Pharma, Apotheker, Ärzte, Spitäler, Krankenkassen: Jede Interessengruppe hat Vorschläge, wo man sparen könnte: überall, nur nicht bei sich selbst. Und so blockieren sie gegenseitig wirkungsvolle Massnahmen.
Dabei sind sich unabhängige Experten einig, was man vorantreiben müsste:
- Es gibt zu wenig Hausärzte für die Grundversorgung, dafür zu viele Spezialisten, die unnötige und teure Eingriffe machen.
- Medikamente in der Schweiz kosten zu viel, günstige Generika kommen zu wenig zum Einsatz.
- Die Schweiz hat viel zu viele Spitäler (aktuell 278). Prestigedenken und Kantönligeist verhindern eine Reduktion.
- Bei der Digitalisierung ist unser Gesundheitswesen noch in der Steinzeit. Die Folge: Bürokratie, Papierkram, Leerlauf.
Warum Bundesbern in der Gesundheitspolitik versagt
Was ist von der Politik zu erwarten? Wenig. Auch hier sind zu viele Einzelinteressen im Spiel. Zwar sehen die meisten Parteiverantwortlichen das Problem. Aber ihre Sonntagsreden verhallen, wenn es konkret wird. Zu viele ihrer Fraktionsmitglieder sind mit der Gesundheitsindustrie verflochten.
Die Regierung und das zuständige Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind Teil des Politikversagens. Zwei Beispiele: Der Bundesrat wollte die Spitäler nicht verpflichten, eine Mindestanzahl an Eingriffen erfüllen zu müssen, um das Angebot aufrechterhalten zu dürfen. Dabei würde das eine sinnvolle Spitallandschaft ermöglichen. Und ein brandaktuelles Beispiel: Teure Medikamente werden ab 1. Juli zwar billiger, günstige und viel gebrauchte Medikamente wie Ponstan oder Ibuprofen dafür massiv teurer. Apotheker und Zwischenhandel profitieren, die Patienten zahlen die Zeche.
Was ich als Einzelner tun kann, um die Kosten zu senken
Muss die Bevölkerung tatenlos zusehen, wie die Gesundheitskosten Jahr für Jahr steigen? Nicht ganz. Jeder Einzelne trägt auch eine Verantwortung.
- Als Patient: Nicht beim kleinsten Wehwehchen zum Arzt oder Notfall fahren. Und nicht jede technologisch mögliche, aber oft unnötige Abklärung beanspruchen.
- Als Prämienzahler: Ein günstigeres Versicherungsmodell wählen (Hausarzt, Telmed, etc.). Jeden Herbst die Prämien vergleichen und zu einer günstigeren Kasse wechseln. Das hilft dem Gesamtsystem zwar nicht, aber entlastet wenigstens kurzfristig das eigene Konto.
- Als Wähler: Nicht Politiker an der Urne abstrafen, die es wagen, ein unrentables Regionalspital infrage zu stellen. Wirksamer wäre es, schamlose Lobbyisten in die Schranken zu weisen und im Zweifelsfall abzuwählen.
Vielleicht zeigen sich Volksvertreter mit diesem Druck aus dem Volk plötzlich reformwillig und dem Allgemeinwohl verpflichtet – auch aus Eigeninteresse.