Was bringt die Impfoffensive?
Am Geld fehlts nicht, aber an den Ideen

Die Kantone hirnen, wie sie die Impfoffensive des Bundes umsetzen sollen. Sie sind allerdings skeptisch, was den Nutzen betrifft. Das Impfziel etwa finden sie zu hoch.
Publiziert: 15.10.2021 um 00:33 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2021 um 06:57 Uhr
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Mit einer Impfoffensive will Bundesrat Alain Berset die Impfquote erhöhen. Die Kantone sind aber skeptisch.
Foto: keystone-sda.ch
Daniel Ballmer, Sermîn Faki

Mit einer 100 Millionen Franken teuren Offensive will der Bundesrat die Impfquote im Land erhöhen – auf 80 Prozent bei den 18- bis 65-Jährigen und auf 93 Prozent bei den Senioren.

Erreichen müssen diese Ziele allerdings die Kantone – der Bund wird sich, bis auf eine Medienkampagne und einen Brief an die Bevölkerung, selbst nicht beim Impfen engagieren. Dafür sind die Kantone zuständig, sie werden vom Bund aber finanziell unterstützt.

Die Kantone hirnen noch

Seitdem klar ist, wofür genau der Bund bereit ist, Geld zu sprechen, stecken die kantonalen Corona-Experten die Köpfe zusammen, um Ideen zu wälzen und Konzepte zu erarbeiten.

Noch ist wenig spruchreif. So schreiben die meisten Kantone auf Anfrage, dass die Umsetzung der Offensive in Planung sei und man zu gegebener Zeit konkrete Angaben machen werde.

Nidwalden will auf die Jungen fokussieren

Ein bisschen weiter aus dem Fenster lehnt sich der Kanton Nidwalden: «Wir gehen davon aus, dass wir einen Fokus noch stärker auf die jüngere Bevölkerung (16- bis 35-Jährige) ausrichten werden», so Oliver Mattmann von der Staatskanzlei. Diese Altersgruppe gehöre zu jenen mit der bisher tiefsten Impfquote, und es sei eine Herausforderung, besser an diese heranzukommen.

«Daneben dürfte die Präsenz eines mobilen Informations- und Impf-Angebots an neuralgischen Stellen im Kanton ein Thema sein, um noch unentschlossene Personen besser erreichen und beraten zu können.»

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Basel-Stadt: Wir haben schon viel gemacht

Auch Basel-Stadt will sich auf die 20- bis 30-Jährigen konzentrieren. Wie genau, sei noch offen, schreibt Anne Tschudin vom Gesundheitsdepartement. Nicht ohne darauf hinzuweisen, dass der Kanton bereits vor Monaten einen ganzen Strauss von Massnahmen ergriffen habe: vom Impfbus über Walk-ins, Streusendung in alle Basler Haushaltungen, persönliche Anschreiben und Whatsapp-Nachrichten bis hin zu einem Impftelefon für Unentschlossene.

Damit tönt Tschudin an, was für viele Kantone gilt: Ihnen gehen langsam die Ideen aus, wie man die Ungeimpften an die Spritze bringt. Auf den Punkt bringt das der Zuger Gesundheitsdirektor Martin Pfister: «Es ist nun sehr schwierig, Personen zu erreichen, die noch eine grundsätzliche Impfbereitschaft haben. Die Gruppe der bereits Geimpften ist sehr gross, und jene der grundsätzlichen Impfgegner reagiert teilweise ungehalten.»

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Genf und Bern sind skeptisch

Auch in Genf findet man, dass die Bevölkerung «bereits ausreichend Zeit zur Meinungsbildung und einen sehr einfachen und kostenlosen Zugang zum Impfstoff» hatte. Das Impfziel des Bundesrats sei «kurzfristig leider nicht sehr realistisch», so Laurent Paoliello von der Gesundheitsdirektion. Man konzentriere sich daher auf alle unter Quarantäne gestellten Personen, mit denen man ja ohnehin in Kontakt stehe.

Skeptisch bis unwillig tönt es auch aus dem Kanton Bern. «Wir haben unzählige stationäre Impfangebote, dazu sind ein Impftruck und weitere mobile Teams in Gemeinden und Schulen unterwegs», sagte Naomi Brunner von der Gesundheitsdirektion zu Nau.ch.

Die Rekrutierung von Beratungspersonen etwa lehnt der Kanton ab. «Wir halten diese Massnahme nicht für zielführend.» Ärzte oder Apotheker würden bereits alles Mögliche unternehmen, um Leute zum Impfen zu bewegen. «Wir sehen keinen Sinn, medizinisch nicht geschultes Personal zu rekrutieren, ihnen einen Crashkurs zu geben, wieso die Impfung sinnvoll ist, und diese dann auf die Bevölkerung loszulassen.»

Auch der Kanton Zürich bleibt vage. Man werde prüfen, «ob und inwiefern sich der Kanton an den vorgeschlagenen Massnahmen des Bundes zur Impfoffensive beteiligt», so Jérôme M. Weber von der Gesundheitsdirektion.

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Woher soll das Personal kommen?

Neben dem abnehmenden Nutzen von Impfmassnahmen treibt die Kantone auch die Frage des dafür nötigen Personals um. Dies sei die «grösste Hürde», so der Kanton Nidwalden. Es herrsche nämlich schon jetzt Personalmangel. Der Kanton prüfe daher, bestimmte Angebote an Externe zu vergeben.

Nochmals andere Wege geht der Kanton Wallis: Er setzt auf das Engagement der Hausärzte. Denen wurde nämlich der Tarif gekürzt. Statt 24 Franken pro Impfung erhalten sie nur noch 14. Ihr Impf-Willen hält sich deshalb in Grenzen. Hier setzt das Wallis an: Er zahlt ab sofort zusätzlich 8 Franken pro Piks.

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