War Einbürgerung illegal?
Maudet macht Libanesen im Eiltempo zum Schweizer

Innert weniger Monate hat ein libanesischer Bankier in Genf den Schweizer Pass bekommen – obwohl er die Voraussetzungen dafür nicht erfüllte. Mailverläufe zeigen, dass der damalige Regierungsrat Pierre Maudet seine Finger im Spiel hatte.
Publiziert: 23.01.2023 um 09:13 Uhr
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Aktualisiert: 23.01.2023 um 17:19 Uhr
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Pierre Maudet war einst Genfer Staatsrat und musste wegen einer Korruptionsaffäre zurücktreten. Das Bundesgericht hat die Verurteilung wegen Vorteilsnahme 2022 bestätigt.
Foto: keystone-sda.ch

Neue Vorwürfe gegen Pierre Maudet (44): Nachdem der ehemalige Genfer Regierungsrat Ende vergangenen Jahres in letzter Instanz wegen Vorteilsnahme verurteilt worden ist, kommt nun ein weiterer dubioser Fall ans Licht.

Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, soll Maudet einem libanesischen Bankier zum Schweizer Pass verholfen haben – im Schnellzug-Tempo und gegen die Einwände seiner Mitarbeitenden. Der Verdacht steht im Raum, dass sich Maudet, der 2017 für die FDP als Bundesratskandidat aufgestellt worden war, dabei über geltendes Recht hinweggesetzt hat.

Maudet kandidiert derzeit wieder für den Genfer Staatsrat. Die Wahlen finden im April statt.

Plötzlich gings ganz einfach

Der Bankier aus dem Libanon hatte gemäss Medienbericht mehrere Jahre in Genf gearbeitet, ging dann ins Ausland und kehrte 2015 schliesslich in den Kanton Schwyz zurück. Er kannte Maudet und sei mit ihm im selben Jahr auf Geschäftsreise in Dubai gewesen, um dort für den Wirtschaftsstandort Genf zu werben.

Eigentlich gilt im Kanton Genf, dass jemand erst eingebürgert werden kann, wenn er zwei Jahre im Kanton gelebt hat – davon die letzten zwölf Monate vor Einreichung des Einbürgerungsgesuchs. Diese Voraussetzung erfüllte der Bankier nicht.

Trotzdem bekam er den Pass. Recherchen des «Tages-Anzeigers» zufolge hat sich Maudet höchstpersönlich dafür eingesetzt. So schrieb ein Mitarbeiter Maudets im September 2015 per Mail, dass der Mann für ein Einbürgerungs-Gesuch nicht berechtigt sei. Ein «Kollege im Departement habe ihm aber am Telefon eine Reihe von Techniken erläutert, mit denen sich dieser Zeitraum von 12 Monaten verkürzen lässt», zitiert die Zeitung aus einer Mailkorrespondenz.

«Sie haben immer so gute Neuigkeiten für mich»

Konkret riet ein anderer Mitarbeiter dem Bankier, beim Migrationsamt rückwirkend die Niederlassung in Genf mitzuteilen. Den Fakt, dass seine Frau und die Kinder noch immer in Schwyz leben, solle er mit der Schulsituation begründen. Dadurch soll der Libanese innert eines halben Jahres zum roten Pass gekommen sein.

Der Mann war von der Hilfsbereitschaft der Genfer überwältigt: «Sie haben immer so gute Neuigkeiten für mich!! (Genau aus diesem Grund wende ich mich an Sie!)», soll er dem Mitarbeiter Maudets geschrieben haben. Und dieser antwortete: «Sie müssen sich um nichts mehr kümmern. Sie stören nie, und wenn Sie ein Anliegen haben, zögern Sie nicht, sich zu melden.»

Maudet schweigt – Poggia nicht

Maudet hat auf Anfrage des «Tages-Anzeigers» keine Stellung zum Fall bezogen. Er verweist auf das Amtsgeheimnis, unter das Einbürgerungsdossiers fallen würden. Der Anwalt des libanesischen Bankers teilt mit, dass sein Mandant keine Kenntnis «von direkten oder indirekten Unterstützungsmassnahmen von Herrn Maudet im Zusammenhang mit seiner Schweizer Einbürgerung» habe und ihm auch nie einen entsprechenden Auftrag erteilt oder irgendwelche Gegenleistungen versprochen oder gewährt habe.

Auch der zuständige Regierungsrat Mauro Poggia (63) eilt Maudet zu Hilfe. Er verweist gegenüber Blick auf einen Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK), wonach besagter Bankier alle Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllt haben soll. In den vergangenen Jahren habe es mehr als 100 Fälle gegeben, die in der gleichen oder sogar kürzerer Frist bearbeitet worden seien. Heisst: Der Bankier sei tatsächlich innert kurzer Zeit eingebürgert worden, aber nicht innert «aussergewöhnlich kurzer». Die GPK habe daher keinen Anlass für eine Meldung an die Staatsanwaltschaft erkannt, betont Poggia. (lha)


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