War Deutschlands Kritik an Bundesrats-Nein zu Ukraine-Lieferung scheinheilig?
Schweizer Gepard-Munition wäre nach elf Minuten verschossen

Weil der Bund das Weiterleiten von Gepard-Munition in die Ukraine verbietet, macht Deutschland massiv Druck auf die Schweiz. Doch nun zeigt sich: Es geht eigentlich nur um marginale Mengen.
Publiziert: 06.06.2022 um 12:27 Uhr
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Die Lieferung deutscher Gepard-Panzer an die Ukraine scheitere, weil die Schweiz die Weiterleitung von Munition verweigere, behauptete die deutsche Regierung.
Foto: Keystone

Der Druck auf die Schweiz ist gross. Die deutsche Regierung forderte den Bundesrat wiederholt dazu auf, hierzulande hergestellte Munition für «Gepard»-Flugabwehrpanzer in die Ukraine weiterleiten zu dürfen. Bisher aber liess Bern sämtliche Anträge abblitzen – mit Hinweis auf die Schweizer Neutralität und das geltende Kriegsmaterialgesetz.

Harsche Kritik aus dem In- und Ausland liess nicht lange auf sich warten. So zeigt etwa der deutsche Vizekanzler Robert Habeck (52) für die Haltung von Bundesbern gar kein Verständnis. Noch so gerne wurde der Schweiz der Schwarze Peter zugeschoben, warum Deutschland der Ukraine im Kampf gegen Russland nur zögerlich schwere Waffen liefert.

So zitierte etwa die «Sonntagszeitung» den deutschen CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte (53): «Es hat den Anschein, dass die Bundesregierung Verweise auf die Schweiz als Ablenkungsmanöver nutzt und damit die Verlässlichkeit unseres Partners Schweiz infrage stellt.»

Es geht nur um sehr wenig Munition

Fakt ist: Deutschland hat schlicht zu wenig Gepard-Munition. Für die 30 zur Lieferung vorgesehenen Panzer seien nur gerade 23'000 Schuss verfügbar, berichteten deutsche Medien. Bei einer Kadenz der Zwillingskanone von total 1100 Schuss pro Minute reicht das lediglich für gut 20 Minuten Betrieb.

Bei der in der Schweiz hergestellten Munition handelt es sich sogar nur um gerade mal 12'400 Schuss, wie der Bundesrat mittlerweile bestätigt. Damit wäre der Gepard-Panzer bereits nach gut elf Minuten leer geschossen – also eine doch eher bescheiden erscheinende Menge.

Deutschland sucht nach Alternativen

Auch im Parlament werden nun Zweifel laut, ob die von Deutschland lautstark geforderte Munition tatsächlich kriegsentscheidend wäre. SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (56) hat beim Bundesrat bereits eine Anfrage deponiert, welche die Regierung am Dienstag beantworten muss. So will er etwa wissen, wie der Bundesrat die konkrete militärische Bedeutung dieser Munitionsmenge einschätzt. Und, ob Deutschland nicht auch in Deutschland selber oder andernorts produziert werden könnte.

Tatsächlich soll sich Deutschland auf dem Weltmarkt um die Beschaffung von passender Munition bemühen. Eine Möglichkeit wäre Brasilien, das gebrauchte Gepard-Panzer gekauft hatte und noch mehrere Hunderttausend Schuss auf Lager haben soll.

Wie der «Nebelspalter» kürzlich berichtete, habe zudem die norwegische Firma «Nammo» angeboten, entsprechende Munition herzustellen. Daneben werde diese auch in Südafrika produziert.

Das alles weiss natürlich auch der Bundesrat. Und bleibt hart, obwohl Deutschland den Druck weiterhin hochhält. So giftelte Vizekanzler Habeck bereits in Davos: Wenn man die Lieferung von Waffen verweigere, «dann unterscheidet man nicht mehr zwischen Angreifer und Angegriffenem». (dba)

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