Risikogruppen kommen in der Schweizer Impfstrategie zuerst, dicht gefolgt vom medizinischen Personal – denn der Schutz des Gesundheitswesens ist das nächste Ziel. Danach folgen Angehörige der Risikogruppen und Gemeinschaftseinrichtungen – und zuletzt die breite Bevölkerung. «Gemeinschaftseinrichtungen» – also Gefängnisse, Asylzentren, aber auch psychiatrische Kliniken – stehen nicht von ungefähr an vierter Stelle. Denn wo auf engem Raum zusammengelebt wird, verbreitet sich das Virus leichter.
Nur: Was ist mit älteren Personen, die nicht im Altersheim leben? Theoretisch sollte es laut Impfstrategie egal sein, wo betagte Menschen mit Vorerkrankungen wohnen – ob in den eigenen vier Wänden oder hinter schwedischen Gardinen. Doch das sieht nicht jeder Kanton so, wie eine BLICK-Recherche zeigt.
Zürcher Häftlinge müssen warten
Wer in einem Zürcher Gefängnis seine Strafe absitzt, kommt wie auch in der Impfstrategie des Bundesamts für Gesundheit (BAG) an vierter Stelle – doch Ausnahmen für Senioren gibt es nicht: «Vorausgesetzt, dass uns genügend Impfstoff zur Verfügung stehen wird, werden wir alle Impfwilligen unabhängig von bestimmten Merkmalen impfen», so eine Sprecherin der Justizdirektion. Im Dezember hat Zürich zwar mittels Umfrage die Impfbereitschaft von Insassen und Mitarbeitenden abgeklärt – Termine sind allerdings noch keine vergeben worden.
Mehr Glück hat, wer als betagter Sträfling in der Waadt einsitzt. Hier macht der Kanton Risikopersonen ausfindig, um sie früher zu impfen. Und St. Gallen prüft laut einem Sprecher, ob gefährdetere Häftlinge über den Gefängnisarzt oder bei einem Hafturlaub via Hausarzt geimpft werden können. Einen konkreten Zeitplan kann aber noch kein Kanton nennen – zu knapp sind die Impfdosen noch, zu wenig planbar künftige Lieferungen.
Senioren in Berner Gefängnissen schon geimpft
Anders in Bern: Der Kanton macht seinem Ruf in diesem Fall keine Ehre. Von wegen langsame Berner: Risikogruppen im Gefängnis sind laut dem Sprecher der Gesundheitsdirektion, Gundekar Giebel, bereits gepikst worden. Man folge der BAG-Impfstrategie «in- und ausserhalb der Gefängnisse», sagt er. In den vier Haftanstalten Hindelbank, Thorberg, Witzwil und St. Johannsen haben 120 Personen die Erstimpfung von mobilen Impfteams erhalten.
Die Impfteams kommen aber nicht in Berner Asylunterkünften oder -Zentren vorbei – doch wer der Risikogruppe angehört, hat auch hier prioritären Zugang zur Impfung. Ähnlich in Zürich, wo Hochrisikopatienten unter den Asylsuchenden entsprechend dem Rest der Bevölkerung geimpft werden. Und St. Gallen schreibt auf Anfrage, dass Asylsuchende, die der Risikogruppe angehören via Zentrumsarzt geimpft würden. Die meisten Asylsuchenden seien allerdings «in der Regel» unter 65 Jahre alt.
Für die Bundesasylzentren hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) ein eigenes Konzept vorgelegt, auch dieses sieht vor, dass Risikogruppen vorgezogen werden können. Allerdings weist das SEM darauf, dass das Tempo je nach Standort unterschiedlich sein kann – das hänge vom Kanton und der Versorgungslage ab.