Die Corona-Krise bringt die Schweiz, aber auch den Bundesrat an seine Grenzen. Fast täglich kann die Ausgangslage ändern – und die sieben Bundesräte müssen nebenbei auch noch ihre Departemente managen. Vieles bleibt dabei auf der Strecke oder muss in den Hintergrund treten.
Alt Bundesrätin Doris Leuthard (57) findet das nicht mehr zeitgemäss, wie sie gegenüber den Zeitungen von «CH Media» sagt. Die CVP-Politikerin sass selbst von 2006 bis 2018 in der Landesregierung. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, um über eine Reform nachzudenken, sagt sie.
Führungstrio für den Bundesrat
Vor allem vom jährlich wechselnden Präsidium hält Leuthard wenig. Denn daneben noch ein Departement zu führen, sei fast unmöglich. «Erst recht, wenn man noch eine Krise zu bewältigen hat.»
Stattdessen schwebt der ehemaligen Bundesrätin ein Führungsausschuss vor, der die Geschäfte vorbereitet, Sitzungen managt und bei Krisen zuständig ist. Sie schlägt ein Trio aus aktuellem Präsidenten, dessen Vorgänger sowie dem Vizepräsidenten vor. Das hätte auch Aussenwirkung, ist Leuthard überzeugt. «Das gäbe nach aussen wie innen eine gewisse Kontinuität, längere Sichtbarkeit, und man kann mehr Erfahrungen sammeln und weitergeben.»
Reformideen haben schweren Stand
Weitere Entlastungen schlägt sie für die Parlamentsarbeit vor – denn diese ist «anspruchsvoll und verlangt oft die Präsenz eines Bundesrates». Lieber sollen die Regierungsmitglieder bei den Parlamentskommissionen nur noch beim Eintreten einer Vorlage und bei wichtigen, umstrittene Punkten erscheinen – für alles andere könnten Amtsdirektoren und Sachbearbeiter einspringen.
Leuthards Reformideen haben einen schweren Stand, wie sie auch selbst einräumt. «Leider sind bis heute praktisch alle Ideen für eine Staatsleitungsreform gescheitert.» Doch jetzt in der Corona-Krise könne der Zeitpunkt richtig sein, um darüber nachzudenken. (gbl)