Bange Stunden bei Doris Leuthard (57). Ihre Mutter Ruth (88) hatte sich mit Corona infiziert. «Mein Mami wurde im Heim leider angesteckt», erzählt die alt Bundesrätin auf Blick TV. Doch zum Glück habe sie die Infektion problemlos und ohne Symptome überstanden, sagt Leuthard. «Sie ist jetzt müde, das schon.»
Die Aargauerin hat eine sehr enge Beziehung zu ihrer Mutter, besucht sie so oft wie möglich. Was zu Zeiten als Bundesrätin aber selten der Fall war. «Mein Mann, meine Mutter, meine Brüder sind zu kurz gekommen», sagte sie bei ihrem Rücktritt aus der Landesregierung.
Für Doris Leuthard ist der Corona-Fall ihrer Mutter ein Zeichen der Hoffnung, das sie gern weitergeben möchte: «Auch ein älterer Körper kann noch kämpfen und das Virus besiegen.» Den Eindruck zu vermitteln, dass alte Menschen Corona einfach ausgeliefert und zum Tod verurteilt seien, sei falsch. «Es gibt so viele Leute, die das Virus besiegen und nachher ohne grosse Beschwerden weiterleben. Daran müssen wir glauben und hoffen.»
86 Prozent der über 80-Jährigen überleben Corona
Leuthard hat recht: Zwar steigt das Risiko, an Corona schwer zu erkranken und zu sterben, mit dem Alter stark an. Aber auch bei über 80-Jährigen liegt die sogenannte Mortalitätsrate aktuell bei 14 Prozent. Das hat der Zürcher IT-Entwickler Robert Salzer anhand der Datensätze des Bundesamts für Gesundheit ausgerechnet.
Und das heisst eben auch: Ganze 86 Prozent aller über 80-Jährigen, die positiv auf Corona getestet wurden, überstehen die Infektion. Bei Frauen steht die Überlebenswahrscheinlichkeit sogar bei knapp 90 Prozent. Von den Männern hingegen stirbt fast jeder fünfte Infizierte. Die Gründe dafür sind nicht geklärt – manche Forscher vermuten, dass Testosteron eine Rolle spielen könne.
Doch auch bei den Männern über 80 Jahre überleben 80 Prozent die Infektion. Die Chancen auf einen leichten Verlauf der Ansteckung stehen für alle umso besser, je weniger Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht sowie chronische Atemwegserkrankungen ein Infizierter hat.
«Wir brauchen wieder Hoffnung»
Alt Bundesrat Adolf Ogi (78), der gemeinsam mit Leuthard im Blick-TV-Studio war, wünscht sich daher, dass nicht nur die täglichen Neuinfektionen und Spitaleinweisungen öffentlich gemacht würden, sondern auch die Zahl der wieder aus dem Spital Entlassenen. «Das würde Zuversicht geben!», so der Berner Oberländer. «Wir brauchen endlich wieder Hoffnung und Aufbruchstimmung», sagt er. Und er fügt seinen grössten Wunsch hinzu: «Ich hoffe, ich kann mich im Januar impfen lassen.»
Auch Leuthard glaubt, dass es mit den Impfungen gut kommt. Dennoch dürfe man die Disziplin nicht vergessen. «Wir müssen weiter Maske tragen, Distanz halten und Hände waschen.» Gerade jetzt, wo die Fallzahlen zurückgingen – das Bundesamt für Gesundheit vermeldete am Montag 8782 Fälle fürs Wochenende und damit 1000 weniger als vor sieben Tagen –, dürften wir nicht der Versuchung erliegen, wieder nachzulassen. «Das wäre fatal.»
Die frühere Bundesrätin plädiert für Ampelsystem
Auch Ogi appellierte «an die Disziplin aller Schweizer, damit wir alle miteinander Weihnachten feiern und hoffnungsvoll ins nächste Jahr gehen können». Leuthard und Ogi sind sich zudem einig, dass auch die Politik mehr machen müsse, um die Menschen zum Durchhalten zu bewegen.
Und für die frühere Umweltministerin könnte ein Ampelsystem helfen, das die jeweilige Gefährdungslage darstellen würde. Sie ist überzeugt: «Das wäre eine einfache Orientierung.» Auch sie komme manchmal nicht mehr draus, was wo gelte. Leuthard sagt an die Adresse von Gesundheitsminister Alain Berset (48): «Hier wäre der Bund in der Pflicht.»