Vom Spaltpilz zum Friedens-Lamm?
SVP-Glarner bittet um Einigkeit

Der SVP wird mehr und mehr bewusst, dass einige Exponenten mit ihren Provokationen die Basis spalten. Der Aargauer Kantonalpräsident Andreas Glarner – selbst von diesem Vorwurf betroffen – gab nun Gegensteuer.
Publiziert: 15.04.2022 um 13:03 Uhr
1/6
In der SVP ist die Stimmung schlecht. Die Haltung der Partei in der Corona-Zeit sowie ihre Haltung zum Ukraine-Krieg kommen nicht überall gut an.
Foto: keystone-sda.ch

In der SVP fliegen die Fetzen. Erst kam der Widerstand gegen die Corona-Politik bei den Wählern schlecht an, nun geben sich einige Parteiexponenten wie Roger Köppel (57) und Andreas Glarner (59) als Putin-Versteher, was ebenso wenige Mitglieder und Anhänger verstehen.

Glarner und Köppel mussten sich daher einiges anhören. So nutzte der Zürcher SVP-Regierungsrat Ernst Stocker (66) die kantonale Delegiertenversammlung Anfang Woche, um Köppel und Co. gehörig die Kappe zu waschen.

«Das geht einfach nicht mehr»

«Meine Damen und Herren, da sind wir nicht mehr beim Volk, ich meine aber nicht uns alle, sondern einige Exponenten, die sich über Social Media oder sonst wo so äussern», sagte er gemäss «Tages-Anzeiger» in seiner Rede. «Das geht einfach nicht mehr», schimpfte er und schlug offenbar mit der Hand aufs Rednerpult.

Auch Glarner wurde von Aargauer Parteimitgliedern scharf kritisiert, weil er in einem Gastbeitrag in der SVP-nahen Zeitung «Schweizerzeit» die Übernahme der EU-Sanktionen durch den Bundesrat sowie den Auftritt von Bundespräsident Ignazio Cassis (61) an einer Friedensdemonstration als «unzulässig und naiv» kritisiert hatte.

Schelte auch von Ogi

Doch der Partei wird zunehmend bewusst, dass sie in der Öffentlichkeit ein desolates Bild abgibt – auch, weil sehr geschätzte Granden wie alt Bundesrat Adolf Ogi (79) dies in aller Deutlichkeit sagen. Angesichts der Bilder von zerbombten Häusern, von fliehenden Frauen und Kindern fragte Ogi im Blick: «Wer soll da verstehen, dass Teile des SVP-Kaders sich öffentlich als Russland-Versteher outen und gar Putin in Schutz nehmen?»

Hinzu komme das schädliche Wettern gegen den Bundesrat. «Unsere Landesregierung ist noch immer die Instanz mit dem höchsten Ansehen. Ihre Mitglieder sind Sympathieträger. Wenn man aber immer wie die SVP gegen den Bundesrat Stimmung macht, rutscht die Sympathie je länger, je mehr auf die Seite der Regierung.»

Chiesa reiste extra nach Aarau

Während an der Delegiertenversammlung in Zürich die Wogen noch hochgingen, wurde am Aargauer Parteitag die Einigkeit beschworen. Und zwar von höchster Stelle: SVP-Schweiz-Präsident Marco Chiesa (47) höchstpersönlich nahm teil und rief die mehr als 100 Mitglieder zur Einigkeit auf.

Und auch Glarner selbst sagte: «Intern können und müssen wir uns alles sagen können, das ist nötig. Aber nach aussen muss Einigkeit herrschen.» Und er versprach, sich in Gastbeiträgen in Zeitungen künftig nur noch zur kantonalen und nationalen Politik zu äussern.

Glarner bat in Mail um Einigkeit

Doch wie die «Aargauer Zeitung» berichtet, ging Glarner beim Versuch, die aufgeheizte Stimmung in der Partei zu beruhigen, auf Nummer sicher. Schon im Vorfeld des Anlasses habe er ein Mail verschickt, in dem er davor warnte, dass «die Medien der SVP schaden» wollten – eine häufige Reaktion der Partei, wenn es öffentliche Kritik gibt. «Ich rufe Sie auf, diese Medienhatz nicht noch aktiv zu unterstützen», zitiert die Zeitung aus dem E-Mail. «Halten wir zusammen – lassen wir uns nicht auseinander dividieren. Gemeinsam sind wir stark!»

Fürs erste sind die Gemüter im Aargau damit beruhigt. Die Frage ist nur, wann Provokateur Glarner das nächste Mal zuschlägt. (sf)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?