«Das gäbe Totschlag in unseren Beizen»
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Nur mit Zertifikat ins Resti?«Das gäbe Totschlag in unseren Beizen»

Veranstalter von Mittelalterfestival wird wegen Covid-Zertifikat bedroht
«Ich wurde als Hitler bezeichnet»

Martin Suter (50) will ein Mittelalterfestival auf die Beine stellen und wird deswegen bedroht und beleidigt. Dies, weil von den Besuchern ein Covid-Zertifikat verlangt wird. Der Hass kommt vor allem von der eigenen Szene.
Publiziert: 14.07.2021 um 20:03 Uhr
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Für Martin Suter eigentlich eine Freude.
Foto: Christian Meier
Rachel Hämmerli

Martin Suter (50) versteht die Welt nicht mehr. Zwei Jahre lang mussten Fans auf Mittelalterfestivals verzichten. Und jetzt, wenn Ritter und Maiden wieder grosse Feste feiern dürften, wollen viele nicht. Aber nicht nur das: Suter erhält wegen eines geplanten Mittelalterspektakels in Winterthur ZH Drohungen und wird beschimpft.

«Ich wurde als Hitler bezeichnet», sagt Suter. Er ist Präsident des Vereins Turnei.ch, der jährlich zwei bis drei grössere Mittelalter-Events veranstaltet. Nach langer Corona-Pause ist es wieder so weit. Der Verein erwartet vom 23. bis 25. Juli um die 10’000 Besucher. Wie früher soll es sein – ohne Masken, Abstand oder sonstige Massnahmen. Dafür wird am Eingang ein Corona-Zertifikat verlangt – die Besucher müssen entweder geimpft, genesen oder getestet sein.

Leute drohen, das Festival zu verwüsten

Und genau das macht viele wütend. «Ich erhalte krasse Hassnachrichten, darunter auch Gewaltandrohung», sagt Suter. Auf Facebook droht jemand, in der Nacht das Festivalgelände zu verwüsten. «Der sollte aber eine dicke Rüstung mitnehmen, wir haben einen Schäferhund am Platz», sagt Suter. Er fürchtet sich nicht vor den Drohungen, Gedanken macht er sich trotzdem: «Das ist einfach alles traurig!»

In den sozialen Medien ist der Ton besonders gehässig. «Mittelalterspektakel für Geimpfte? Lächerlich seid ihr!», schreibt ein Nutzer. Etliche wollen die Veranstaltung boykottieren. Eine Nutzerin schreibt etwa: «An eine Veranstaltung, wo man diskriminiert wird, geht man nicht hin.» Die Impfung und ein Test sind kostenlos, trotzdem sehen viele im Covid-Zertifikat eine Zweiklassengesellschaft.

«So viele Kommentare wie diesmal habe ich noch nie zu einer Veranstaltung erhalten», sagt Suter. Die Reaktionen erstaunen ihn: «Vor einem Jahr markierten sie in ihren Profilbildern den Slogan ‹Ohne Kultur wirds still›», so Suter. Heute würden genau diese Leute am lautesten gegen ihn schimpfen.

«Die Alternative ist, kein Festival zu machen»

Dabei hält sich Suter einfach an die Regeln. Bei einer Veranstaltung mit einer Besucherzahl von mehr als 1'000 schreibt das Bundesamt für Gesundheit das Corona-Zertifikat vor. «Die Alternative wäre gewesen, nichts zu machen», sagt Suter. Viele Veranstalter von Mittelalter-Events hätten dieses Jahr abgesagt. «Wir sind bald die Einzigen, die etwas Grösseres machen.» Und jetzt wird das Ganze wahrscheinlich doch kleiner als gedacht.

«Es haben schon fünf Marktfahrer abgesagt», sagt Suter. «Weil die Leute aus der Szene Druck ausüben.» Die Marktfahrer würden angehalten, das Mittelalterfestival zu boykottieren. Ansonsten drohe ihnen selbst wirtschaftlicher Schaden. Aber auch viele Marktfahrer selbst würden das Covid-Zertifikat nicht akzeptieren, so Suter.

Mangelware Marktstände

Dabei sei es ohnehin «schwierig, Marktfahrer zu finden». Viele hätten mangels Aufträgen aufgeben müssen. Jetzt fehlen sie auf dem Mittelaltermarkt. «Es sind erst halb so viele Marktfahrer angemeldet wie sonst.»

Doch Suter lässt den Kopf nicht hängen: «Wir hoffen, dass trotzdem um die 10’000 Leute kommen», sagt er. Und das, obwohl der Verein 80 Prozent der Tickets an der Tageskasse verkaufe, die dieses Jahr nicht in Betrieb sei: «Der Aufwand, gleichzeitig alle Kontaktdaten aufzunehmen, wäre einfach zu gross.» Dafür können die Leute online ein Ticket kaufen. Ob das Festival trotz der vielen Hindernisse ein Erfolg wird? «Ich hoffe es, sonst wird das Ganze ein wirtschaftlicher Verlust», sagt Martin Suter.

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