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Vanessa Grand nimmt an der Session für Menschen mit Behinderung teil
«Verlange keinen barrierefreien Weg aufs Matterhorn»

Seit ihrer Geburt leidet Vanessa Grand an der seltenen Glasknochenkrankheit. Die Journalistin und Schlagersängerin nimmt am 24. März an der Session für Menschen mit Behinderung in Bern teil.
Publiziert: 24.03.2023 um 00:38 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2023 um 07:32 Uhr
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Vanessa Grand leidet an der seltenen Glasknochenkrankheit. Am 24. März nimmt sie an der Session für Menschen mit Behinderung teil.
Foto: Zvg
Dominique Schlund

«Im Alter von sieben Monaten erlitt ich meinen ersten Knochenbruch», erzählt Vanessa Grand (44). Sie leidet unter der seltenen Glasknochenkrankheit. Ihre Knochen sind sehr zerbrechlich und verformen sich schnell. Daher sitzt sie seit frühester Kindheit im Rollstuhl.

Trotz vieler Hürden machte die Walliserin die Matura und studierte an der Uni Freiburg Publizistik. Heute bringt sie als Schlagersängerin ausgelassene Stimmung auf die Bühnen.

«Wir müssen mit den Konsequenzen leben»

«Ich verlange ja keinen barrierefreien Wanderweg aufs Matterhorn.» Mit solchen Aussagen macht Grand immer wieder auf die Probleme von Menschen mit Behinderung aufmerksam. Sie verliert dabei niemals ihren Humor – obwohl ihr die Politik allen Grund dazu gäbe. Knapp zehn Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Schweiz wurden nur die wenigsten Forderungen umgesetzt.

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Als Beispiel dafür nennt Grand die Bemühungen der SBB, endlich flächendeckend barrierefrei zu werden. Bis Ende 2023 sollten alle Bahnhöfe der Schweiz für Rollstühle zugängig gemacht werden. Bereits Anfang Jahr aber ist klar, dass die SBB dieses Ziel verfehlen werden. «Die SBB sollten für die Verfehlung dieses Ziels die Konsequenzen tragen – doch die einzigen, die mit den Konsequenzen leben müssen, sind einmal mehr wir», sagt Grand.

Mehr Mit- und Selbstbestimmung

Obwohl Grand von Geburt an mit ihrer Behinderung lebt, bekam sie erst mit 30 Jahren eine IV-Rente. «Mit IV und Ergänzungsleistungen komme ich nicht einmal auf 2000 Franken im Monat. Dafür schäme ich mich nicht – so ist halt die Schweiz», sagt sie.

Sie fährt an die erste Session für Menschen mit Behinderung, um sich für andere Betroffene einzusetzen. Denn Menschen, die selber mit einer Beeinträchtigung leben, wissen am besten, welche Hilfe man in dieser oder jener Situation wirklich braucht. Auch dazu hat die Sängerin eine passende Analogie bereit: «Marco Odermatt wird ja auch nicht von einem Metzger trainiert.» Das ist dann auch ihre Hoffnung für die Session am 24. März: Mehr Mit- und Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen!

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