Es war ein politischer Geniestreich. Nur einen Monat nach der Niederlage der Medienbranche an der Urne am 13. Februar 2022, als die Bevölkerung das Subventionspaket des Bundesrats abgelehnt hatte, reichte Mitte-Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach (65) eine parlamentarische Initiative ein. Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, aber mit brisantem Inhalt: «Für eine unabhängige Presse sind die Beträge zur indirekten Förderung anzupassen.»
Vergangenen Monat, am 21. März, schaffte das Ansinnen im National- und Ständerat die letzte Hürde – nun soll die staatliche Presseförderung von 50 Millionen Franken um weitere 35 Millionen aufgestockt werden. In die Kränze kommen Titel mit einer Auflage von bis zu 40’000 Exemplaren.
Es geht um bis zu 1,4 Milliarden Franken
Fast wäre das Manöver wieder so glatt unter dem Radar verlaufen wie seinerzeit die Einreichung des Vorstosses – wäre da nicht der Rapperswiler Verleger Bruno Hug (70), die prägende Figur des Nein-Lagers von 2022. Hug wandte sich am 2. März per Brief an sämtliche Parlamentsmitglieder und drohte: «Muss wieder das Referendum ergriffen werden?»
Diese Frage hält seither die Branchenvertreter auf Trab. Denn der Verlegerverband, dem auch die Ringier AG angehört, die Blick herausgibt, hat noch Grösseres vor: In der Sommersession stehen zwei weitere Vorstösse auf der Agenda, die das taumelnde Journalismusgeschäft mit Steuergeldern versorgen sollen. Der Krisenzustand der privaten Medien ist unbestritten; die aufgegleiste Methode allerdings wird von Kritikern als blosse Strukturerhaltung gebrandmarkt. Wie beim ersten Versuch fühlen sich kleine und Onlinemedien übergangen; die Gelder würden primär an einzelne Platzhirsche wie CH Media oder TX Group fliessen.
Im Sommer stimmt das Parlament über zwei weitere Vorstösse ab. Würden diese ebenfalls angenommen, stünden im vorgesehenen Zeitraum von sieben Jahren insgesamt 1,4 Milliarden Franken für die Medienbranche zur Debatte.
Bächtold setzte sich gegen den Lockdown ein
Die Lage ist also heikel, und das Letzte, was die grossen Verlage in diesen Zeiten wollen, ist ein erneuter kosten- und arbeitsintensiver Abstimmungskampf wie 2022.
Doch genau dazu könnte es kommen: Wie Blick erfahren hat, könnte ein Referendum lanciert werden. Federführend ist dieses Mal nicht Bruno Hug, sondern Leroy Bächtold (31) mit seiner Organisation «Team Freiheit». Das ist eine Truppe aus jungen Politaktivisten von konservativem bis rechtsliberalem Schlag, die 2021 mit der Petition gegen den Lockdown Furore machten. Mit dabei sind Vertreter der bürgerlichen Jungparteien, aber auch der Zürcher SVP-Nationalrat Benjamin Fischer (33).
Team-Freiheit-Gründer Bächtold war lange als Campaigner bei den Jungfreisinnigen tätig. «Was das Parlament beschlossen hat, ist weitestgehend das, was die Bevölkerung damals ablehnte», argumentiert er gegenüber Blick. «Deshalb ergreifen wir das Referendum. Gerade in einer Zeit, in der wir über Sparprogramme und Kürzungen sprechen, ist es nicht vertretbar, ein 1,4-Milliarden-Paket zugunsten profitabler Medienkonzerne zu beschliessen.»
Seit Samstag werden Unterschriften gesammelt
Seit gestern Samstag ruft das Team Freiheit zur Zusicherung von Spenden und Unterschriften auf ihrer Plattform team-freiheit.ch auf. Bächtold: «Wir verstehen uns als Organisation mit Bewegungscharakter und leben vom Engagement unserer Unterstützer und Mitglieder. Ein Referendum zu starten, ist für uns eine Herausforderung und nicht möglich ohne Effort der einzelnen Mitglieder.»
Die Sache scheint breit abgestützt: Die Junge SVP kündigt an, das Referendum mitzutragen. «Einmal mehr tritt die Classe Politique den Volkswillen mit Füssen», begründet Präsident Nils Fiechter (28). Es sei «sonnenklar, dass das Volk keine staatlich finanzierten Medien haben will», so Fiechter weiter, «deshalb unterstützt die Junge SVP auch dieses Referendum».
Zudem laufen derzeit Gespräche mit weiteren Jungparteien über eine Beteiligung. Breite Kritik am Subventionspaket kam bereits während der Parlamentsdebatte: Neben dem Verband Schweizer Online-Medien (VSOM) äusserte sich auch der eher links positionierte Verband Medien mit Zukunft ablehnend.
Auch die SVP hat bereits Unterstützung zugesagt
Auch eine Mehrheit der FDP- und SVP-Parlamentarier sowie einzelne Mitte-Ständeräte stellten sich gegen die Vorlage. Laut Bächtold sind die Gespräche mit Parlamentariern bereits im Gang – aus der SVP liegt erste Unterstützung bereits vor.
Für die 50'000 nötigen Unterschriften bleibt den Aktivisten Zeit bis zum 10. Juli. Eine sportliche Frist, doch haben sich da Kräfte mit ziemlich viel Kampagnenerfahrung zusammengetan. Was auch für Leroy Bächtold gilt: Er war unter anderem 2022 Teil des Komitees gegen das Mediengesetz, engagierte sich im Komitee der Renten-Initiative, kämpfte gegen die Konzernverantwortungs-Initiative und prägte den politischen Einsatz der FDP für das Hardturmstadion.
Und wenn es nicht klappen sollte? Dann hat die Gruppierung mindestens erreicht, dass das Land wieder über seine Medienlandschaft diskutiert.