Editorial zum Mediengesetz
Die schlechteste Kampagne aller Zeiten

SonntagsBlick-Vize Reza Rafi zieht eine Bilanz zur Strategie der Mediengesetz-Befürworter. Sie fällt nicht allzu schmeichelhaft aus.
Publiziert: 13.02.2022 um 09:41 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2022 um 10:11 Uhr
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Zahm: Plakate der Befürworter.
Foto: keystone-sda.ch
Reza Rafi

Vom Abstimmungskampf über die Medienförderung bleibt eine unbequeme Erkenntnis, unabhängig vom Resultat: Die Kampagne der breit aufgestellten Befürworter war schwach. Sie war in besorgniserregender Weise schwach. Den Linken ist der vorgesehene Zustupf für Grossverlage peinlich, die Bürgerlichen gehen ganz in Deckung.

Sinnbildlich dafür ist Simonetta Sommarugas Auftritt in der SRF-Sendung «Arena» am 21. Januar: Sandro Brotz hält der Medienministerin die Millionengewinne von Tamedia, CH Media und SonntagsBlick-Herausgeberin Ringier vor. Der Moderator will – logisch – auf die Frage hinaus, warum diese Firmen Steuergelder erhalten sollen.

Die Bundesrätin könnte mit Gegenfragen antworten: «Wäre Ihnen wohler, wenn diese Unternehmen mit Tausenden Schweizer Arbeitsplätzen Verluste schreiben? Wollen Sie, dass die Titel aus diesen Häusern zum Hobby für Investoren mit privater politischer Agenda werden?»

Sie könnte sagen: «Selbstverständlich gehören auch diese Redaktionen unterstützt, weil sie einen entsprechenden Beitrag zur öffentlichen Debatte im Land leisten.» Und damit an die Wächterfunktion erinnern, die der viel gescholtene Medien-Mainstream noch immer ausübt. So enthüllte der Blick die Covid-Regelbrüche des CS-Präsidenten Horta-Osório, was zu dessen Sturz führte. Die Tamedia-Zeitungen haben mit den «Pandora Papers» Offshore-Zentren ausgeleuchtet, die CH-Media-Blätter eine massive Fixlohnerhöhung des SRG-Kaders publik gemacht.

Sommaruga jedoch reagiert auf die Frage so: «Ich denke an die Bevölkerung.»

Nach diesem Allgemeinplatz redet sie über die Bedeutung von Lokalzeitungen für Randregionen. Durchaus ehrenwert. Es darf jedoch bezweifelt werden, ob man mit Service-public-Lektionen und Landesmutter-Pathos Unentschlossene abholt.

Als einzige Bundesratspartei bekämpft die SVP geschlossen das Medienpaket. Die Partei der Bauern warnt vor der staatlichen Abhängigkeit der Journalisten (das ist keine Pointe). Und wie handelt der Doyen dieser Partei als Medienmanager? Christoph Blocher hat als heimlicher Besitzer der «Basler Zeitung» jahrelang die Schweizer Öffentlichkeit getäuscht. Ist das die Zukunft, die man sich in dieser Ecke wünscht? Für das Ja-Lager wäre dies ein Steilpass gewesen. Stattdessen begnügte man sich mit Plakaten, die Wilhelm Tell in Karatekämpfer-Pose zeigen.

Wer die Strategie der Befürworter anschaut, versteht, wie gegen diese Übermacht von Regierung, Parlament und Verbänden eine politische Minderheit derart den Diskurs bestimmen konnte. Der Hinweis auf Bundesmillionen für reiche Verlegerfamilien zum Beispiel stand widerspruchslos in der Landschaft – wer will schon für Villenbesitzer spenden? Dabei stammt das Argument von denselben, die sonst jedes Steuergeschenk für internationale Finanzmagnate beklatschen. Statt so etwas zu bewirtschaften, hausierten Sommarugas zahme Mitstreiter lieber mit staatspolitischen Referaten.

Das Onlinemagazin «Republik» untersuchte in einem Artikel das Naheliegendste: Welchen Journalismus betreiben eigentlich die Gegner der Vorlage selber? Das vom Präsidenten des Nein-Komitees, dem freisinnigen alt Nationalrat Peter Weigelt, herausgegebene Portal «Die Ostschweiz» profilierte sich in der Corona-Berichterstattung vor allem mit abenteuerlichen Thesen über das Virus und einem missglückten Genozid-Vergleich. Der Vater des Referendums, der Rapperswiler Verleger Bruno Hug, führte einen Kreuzzug gegen die örtliche Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde an und wurde erst durch ein Gerichtsurteil gestoppt. Von den Befürwortern hörte man zu diesen Hintergründen so gut wie nichts.

Er wolle «keine reisserische Berichterstattung fördern», mahnte der Grünliberalen-Chef und Mediengesetz-Gegner Jürg Grossen kürzlich in einem Interview. Deshalb sagen wir jetzt ganz reisserisch: Das Ja-Lager hat die schlechteste Abstimmungskampagne aller Zeiten geführt.

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