Der Bundesrat beantragt dem Parlament, weitere 90 Millionen für humanitäre Hilfe im Nahen Osten bereitzustellen. Mit den Geldern will er in Israel, den Palästinensergebieten und in Nachbarländern vor allem die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung und die Uno unterstützen.
Die 90 Millionen sollen an mehrere internationale Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, das Welternährungsprogramm, die Unicef und Nichtregierungsorganisationen wie «Médecins sans frontières» und «Terre des Hommes» fliessen. Den grössten Beitrag soll mit 25 Millionen das Uno-Büro für humanitäre Hilfe (Unocha) erhalten. Das gab Aussenminister Ignazio Cassis (62) am Mittwoch an einer Medienkonferenz in Bern bekannt.
Cassis wegen umstrittener Resolution im Fokus
Dabei musste Cassis auch Stellung nehmen zu einer umstrittenen Uno-Resolution zum Gaza-Krieg. Die Schweiz hat am vergangenen Freitag in der Uno-Vollversammlung einer Resolution zugestimmt, die im neu entflammten Nahost-Konflikt eine sofortige «humanitäre Waffenruhe» verlangt.
Nach Angriffen der Hamas soll Israel demnach keine Militäroperationen mehr durchführen. Mit keinem Wort wird in der Resolution der Terror der Hamas verurteilt. Ausgerechnet die neutrale Schweiz stellte sich dabei – in Absprache mit Cassis – auf die Seite der Israel-Kritiker.
Cassis stand deswegen zu Beginn der Woche im Fokus: Die Aussenpolitiker des Ständerates fuhren dem Aussenminister am Dienstag an den Karren. Sie bemängelten, dass der Entscheid, die Resolution zu unterstützen, alleine vom Aussendepartement gefällt worden ist – und weder der Gesamtbundesrat noch National- und Ständeratskommissionen einbezogen wurden.
Bundesrat: «Alles korrekt»
Man dürfe bei solchen Resolutionen nicht nur das Stimmverhalten eines Landes beachten, verteidigte sich Cassis am Mittwoch. Es gelte, auch die Erklärungen der Länder zur Kenntnis zu nehmen. Er wägte seine Worte gut ab, die Antworten zum Thema glichen einem Tanz auf dem Minenfeld.
Die Schweiz habe in dieser Erklärung unter anderem klar gesagt, dass sie die legitimen Interessen Israels anerkenne. Und sie es bedauere, dass eine Verurteilung der nicht zu rechtfertigenden Angriffe der Hamas nicht in den Schlusstext aufgenommen worden seien.
Der Bundesrat habe am Mittwoch in seiner Sitzung das Vorgehen der Schweiz diskutiert. Sein Fazit: alles korrekt abgelaufen. Das Gremium habe verstanden, dass sich die Schweiz als Depositärstaat der Genfer Konventionen nur schlecht hätte gegen eine solche Resolution aussprechen können.
EDA überprüft NGOs
Er verurteile den Terrorakt und fordert die sofortige Freilassung aller Geiseln. «Er anerkennt das Recht Israels auf Selbstverteidigung und Sicherheit und erinnert daran, dass sich alle Parteien an das humanitäre Völkerrecht halten müssen.»
Vergangene Woche hat Cassis’ Aussendepartement (EDA) zudem bekannt gegeben, dass es Zahlungen an elf Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) im Nahen Osten aussetze. Man prüfe, ob die NGOs den EDA-Verhaltenskodex einhalten. Offenbar befürchtet man, dass Schweizer Hilfsgelder in Terror-Kanälen versickern könnten.
Auch dazu gab Cassis am Mittwoch ein Update: Man habe die Zahlungen nur dort sistiert, wo es einen Verdacht gegeben habe. Bloss: Ein Verdacht sei kein Beweis. Bei Beweisen hätte das EDA nämlich die Verträge sofort kündigen können. «Wenn der Codes of Conduct des EDA verletzt wird, ist das EDA frei, den Vertrag zu kündigen», sagt Cassis. Die Taskforce des Bundes sei derzeit daran, die betroffenen NGOs zu überprüfen. Noch seien allerdings keine Resultate da. (bro/oco)
Zehn Schweizer Doppelbürger im Gazastreifen
Zehn Schweizer Doppelbürger warten im Gazastreifen, damit sie ausreisen können. Cassis sagt, er habe bei seinem ägyptischen Amtskollegen plädiert, dass diese ausreisen können. «Es gibt aber viele Doppelbürger, die ausreisen wollen.»
Damit ist die Medienkonferenz beendet.
Prüfung von 11 Organisationen
Wegen des Angriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober und der anhaltenden Kriegshandlungen in der Region hat das Aussendepartement (EDA) beschlossen, seine finanzielle Unterstützung für elf lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vorübergehend auszusetzen. Diese werden nun genauer geprüft. «Es heisst nicht, dass die 11 Organisationen etwas gemacht haben, was nicht korrekt ist», sagt Botschafterin Maya Tissafi.
Der Bundesrat habe die Taskforce beauftragt, die Finanzierungsströme zu überprüfen. «Wenn uns nun etwas auffällt, ist die erste Reaktion eine Sistierung», sagt Cassis. Es gäbe Verdachtsmomente, die jetzt kontrolliert werden. Danach folge eine definitive Entscheidung. «Man darf nicht aus einem Verdacht einen definitiven Entscheid machen.»
Kein Geld für Hilfswerk UNWRA
Man habe bewusst verzicht der UNWRA (dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten) zusätzliches Geld zu geben, weil diese bereits jetzt jährlich 20 Millionen Franken bekommen.
Im «ständigen Kontakt»
Cassis sagt, er sei «im ständigen Kontakt» mit den Behörden in Israel.
Cassis zum Rüffel der Aussenpolitiker
Nun beginnt die Fragerunde: Ein Journalist fragt Cassis nach dem Rüffel der Aussenpolitiker des Ständerats. Die Kommission habe entschieden, die Prozesse nochmals zu überprüfen. «Hier muss man zwei Welten trennen: Die des UN-Sicherheitsrats, wo die Prozesse sehr klar sind und die Prozeduren zur Entscheidungsfindung in der UN-Generalversammlung.» Was in der Sondersession der UN passiert sei, sei alles konform gegeben, sagt Cassis.
Über die materielle Diskussion der UN-Resolution habe die ständerätliche Kommission nicht entschieden. Die Schweiz habe in einer zusätzlichen Erklärung geschrieben, was gefehlt hat.
Verhalten im Sicherheitsrat
Der Bundesrat verurteilt die Terrorakte aufs Schärfste. Er habe diese Haltung auch im UN-Sicherheitsrat vertreten. Die Task-Force prüft derzeit, wie die Hamas verboten werden könne und wie verhindert werden kann, dass Gelder aus der Schweiz an die Hamas gehen.
Cassis: Humanitäre Lage im Gaza sei «katastrophal»
Cassis beginnt die Medienkonferenz. Die humanitäre Lage im Gaza sei «katastrophal». Darum habe der Bundesrat entschieden, 90 Millionen Franken zusätzlichen Hilfen zu beantragen. Die Gelder seien für multilaterale Organisationen und NGOs. Das IKRK bekommt 15 Millionen Franken, das IFRC 15 Millionen Franken, die UNO-Agentur für Koordination 25 Millionen Franken, Unicef 10 Millionen und das World Food Programm 10 Millionen. Die restlichen 15 Millionen Franken gehen an Gesundheitsorganisationen wie zum Beispiel WHO oder Terres des hommes Suisse.
Bundesrat will weitere 90 Millionen für Hilfe im Nahen Osten
Der Bundesrat beantragt dem Parlament, weitere 90 Millionen für humanitäre Hilfe im Nahen Osten bereitzustellen. Mit den Geldern will er in Israel, den Palästinensergebieten und in Nachbarländern vor allem die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung und die Uno unterstützen.
Auch dort tätige internationale Nichtregierungsorganisationen, die im humanitären Bereich tätig sind, sollen Geld erhalten, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Er schreibt, die humanitäre Lage in dieser Region sei «äusserst besorgniserregend». Im Gazastreifen sei die Lage «katastrophal».
Er anerkenne das Recht Israels auf Selbstverteidigung und Sicherheit, schreibt der Bundesrat weiter. Er erinnere daran, dass beide Parteien verpflichtet seien, die Zivilbevölkerung zu schützen und das humanitäre Völkerrecht zu beachten.
Es brauche humanitäre Feuerpausen oder Waffenruhen, um den Zugang zu Hilfsgütern zu ermöglichen und die Bevölkerung zu versorgen. Der Konflikt im Nahen Osten drohe, die ganze Region zu destabilisieren. Die Zahl der Menschen in Not werde wohl noch weiter ansteigen. (SDA)
Medienkonferenz um 14.00 Uhr
Um 14.00 Uhr treten Aussenminister Ignazio Cassis und die Botschafterin Maya Tissafi, Leiterin MENA, vor die Medien, um über zusätzliche humanitären Hilfen für den Nahen Osten zu berichten.